New York/Gaza - Die USA unternehmen kurz vor Ende der Amtszeit von Präsident George W. Bush einen neuen Anlauf zur Lösung des Nahost-Konflikts. Mit Unterstützung Russlands brachten sie am Samstag im UN-Sicherheitsrat eine Resolution ein, die zum Frieden zwischen Israel und den Palästinensern aufruft. Aus den Palästinenser-Gebieten kamen allerdings Signale von Kampfbereitschaft: Am Sonntag feierte die radikal-islamische Palästinenser-Organisation Hamas mit einer Großveranstaltung in Gaza den 21. Jahrestag ihrer Gründung. Das Führungsmitglied Ismail Haniyeh warnte den künftigen US-Präsidenten Barack Obama vor einer Fortsetzung der Blockade.

Die Hamas sei tief verwurzelt in der palästinensischen Gesellschaft und die Blockade habe sie nur populärer und stärker gemacht, sagte Haniyeh bei der Großveranstaltung in Gaza vor rund 150.000 Anhängern. Er wandte sich auch an den neu gewählten US-Präsidenten Obama und sagte, dass auch er keinen Erfolg haben werde, falls er die Blockade-Politik gegen Hamas fortsetzen sollte. Zugleich wiederholte Haniyeh, dass Hamas Israel nicht anerkennen werde. Augenzeugen berichteten, dass die Hamas seit dem frühen Morgen Busse zu den Moscheen im Gaza-Streifen geschickt hatte, um Anhänger und Sympathisanten zur Massenkundgebung zu transportieren.

Sorge um die Zukunft der Waffenruhe

Die radikal-islamische Hamas will den am Freitag auslaufenden Waffenstillstand mit Israel im Gazastreifen nach Angaben ihres Chefs nicht verlängern. Eine Erneuerung der Waffenpause werde es nicht geben, teilte Chaled Meschaal am Sonntag aus seinem syrischen Exil mit. Weitere Angaben machte er nicht. Der Anführer der Hamas im Gazastreifen, Ismail Hanijeh, erwähnte unterdessen ein Ende der Waffenruhe mit keinem Wort, obwohl er Israel bei einer Kundgebung vor rund 200.000 Anhängern anhaltende Verstöße gegen das Abkommen vorwarf. Auch ein Sprecher der Organisation wollte sich gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters nicht festlegen.

Die im Gaza-Streifen herrschende Hamas und Israel hatten sich im Juni unter Vermittlung Ägyptens auf einen Waffenstillstand geeinigt. Nach einer darauf folgenden Phase der Entspannung waren die Kämpfe im November zeitweilig wieder stark aufgeflammt.

 Israel befürwortet nach Medienberichten eine Waffenruhe, weil dies für die rund 125.000 im Grenzgebiet zum Gaza-Streifen lebenden Israelis mehr Ruhe und Sicherheit bedeutet. Israel wolle aber keine neuen Forderungen wie die nach einer unbegrenzten Öffnung der Grenzübergänge erfüllen, hieß es. Zur Sondierung der Lage hat Israel den Spitzenbeamten im Verteidigungsministerium, Amos Gilad, nach Kairo geschickt. Ägypten vermittelt zwischen beiden Seiten.

Israel hat den Gaza-Streifen wegen des fortwährenden Raketenbeschusses durch militante Palästinenser seit dem 5. November weitgehend abgeriegelt. Nach Armeeangaben sind während dieser Zeit über 250 Raketen und Mörsergranaten auf israelischem Boden eingeschlagen. Die Palästinenser-Gruppen begründen den Beschuss unter anderem damit, dass Israel mit der Schließung der Grenzen gegen die Vereinbarung über die Waffenruhe verstoße.

Die Hamas kontrolliert seit dem blutigen Putsch vom Juni 2007 den Gaza-Streifen mit seinen rund 1,5 Millionen Einwohnern. Der Name Hamas steht für "Bewegung des islamischen Widerstandes". Hamas wurde im Dezember 1987 mit Beginn des palästinensischen Volksaufstandes (Intifada) gegen die israelische Besatzung gegründet. Die Gruppe ist heute der stärkste innenpolitische Widersacher des palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas. Israel, die USA und die EU haben die Hamas unter anderem wegen zahlreicher Selbstmordattentate als Terrororganisation eingestuft.

Neue Nahost-Resolution

Offenbar findet die geplante Nahost-Entschließung die nahezu einhellige Zustimmung des höchsten UN-Gremiums. Die Mitglieder des UNO-Sicherheitsrates berieten über den Entwurf zunächst hinter verschlossenen Türen, eine Abstimmung wurde für Dienstag erwartet. Es wäre die erste UN-Resolution zum Nahen Osten seit fünf Jahren. Demnach sollen Israelis und Palästinenser aufgerufen werden, ihren Verpflichtungen nachzukommen, die sie vor gut einem Jahr auf der Friedenskonferenz von Annapolis bei Washington eingegangen sind. Der Sicherheitsrat würde außerdem seinen Wunsch nach einem friedlichen Nebeneinander zweier demokratischer Staaten - Israel und Palästina - bekräftigen.

"Dies ist ein wichtiger Zeitpunkt für den Rat, sich zum israelisch-palästinensischen Thema zu äußern", sagte der US-Botschafter bei den Vereinten Nationen, Zalmay Khalilzad, auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem russischen Amtskollegen Witali Tschurkin. Das sogenannte Nahost-Quartett trifft morgen, Montag, in New York zur Vorbereitung der Resolution zusammen - UN-Generalsekretär Ban Ki-moon, US-Außenministerin Condoleezza Rice, der russische Außenminister Sergej Lawrow und der EU-Außenbeauftragte Javier Solana.

Aus Protest gegen den saudischen Friedensplan für den Nahen Osten hat eine militante Gruppe das Büro der Saudi Arabian Airlines in Teheran angegriffen. Es seien mehrere Brandsätze gezündet worden, die geringeren Sachschaden angerichtet hätten, meldeten iranische Medien am Samstag. Zugleich zitierten sie aus dem Bekennerschreiben der Gruppe Ichwan al Radwan (Brüder des Himmels). Der Friedensplan des saudiarabischen Königs Abdullah sieht eine diplomatische Anerkennung Israels in der arabischen Welt vor, wenn sich das Land aus den 1967 besetzten Gebieten zurückzieht. (APA/AP/dpa/AFP)