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Siegerpose: Thorsten Schäfer-Gümbel führt die Hessen-SPD in die Wahl. Im Vorjahr war noch Andrea Ypsilanti Spitzen-kandidatin gewesen, die SPD lag nur ganz knapp hinter der CDU.

Foto: REUTERS/Thomas Bohlen

Berlin/Wiesbaden - Der vorletzte Buchstabe des Alphabets ist ziemlich out. Kaum noch einer der hessischen Genossen hat an diesem Wochenende beim Landesparteitag - dem vierten in diesem Jahr - das feuerrote „Y" am Revers haften. Für Andrea Ypsilanti steht es, sie ist ja auch nach ihrem gescheiterten Versuch, mit den Grünen und der Linkspartei ein Bündnis zu bilden, in Hessen noch immer Partei- und Fraktionsvorsitzende.

Jetzt setzt man auf „Supermann". Die Jusos tragen und verteilen T-Shirts, auf denen Torsten Schäfer-Gümbel zum neuen Helden in Supermann-Pose stilisiert wird. „TSG" wird der Gießener Landtagsabgeordnete parteiintern genannt, und die Delegierten küren ihn an diesem Wochenende zum Spitzenkandidaten für die Wahl im Jänner - mit satten 97 Prozent.
Als „Thorsten Schäfer-Doppelname" wurde er noch vor vier Wochen, als ihn Ypsilanti aus dem Hut zauberte, verspottet. Kaum einer kannte ihn, er galt als Marionette und Handlangerin der Chefin. Doch binnen kürzester Zeit schaffte es Schäfer-Gümbel, der Hessen-SPD wieder ein wenig Mut zu geben. Auch am Wochenende appelliert er an die Sozialdemokraten: „Die Zeit der Selbstkasteiung ist vorbei, das Ziel ist klar definiert: Wir wollen gewinnen." Doch er räumt auch ein: „Ein kühner Kampf, das ist das, was wir in den nächsten 35 Tagen vor uns haben."
Ypsilantis Taktieren mit den Linken hat Schäfer-Gümbel schon vor zwei Wochen als „Fehler" bezeichnet. Und er selbst legt sich am Wahl-Parteitag noch einmal fest, mit deutlichem Seitenhieb auf Ypsilanti: „Wir beenden das Hütchenspiel in der Landespolitik und schließen keine Koalition aus."

Gegenkandidatin für Ypsilanti

Auch inhaltlich schlägt er neue Pfade ein: In seinem Wahlkampf ist deutlich weniger von Sozialthemen die Rede als bei Ypsilanti vor einem Jahr. Der 39-Jährige setzt auch auf Wirtschafts- und Finanzpolitik. Von den Delegierten gibt es für ihn viel Applaus.
Weniger gut läuft es für Ypsilanti. SPD-Bundeschef Franz Müntefering, der aus Berlin zum Landesparteitag gekommen ist, beugt sich nach ihrer Rede demonstrativ über seine Akten, anstatt zu applaudieren. Dabei müsste ihm zumindest eine Passage ihrer Ansprache ganz gut gefallen haben. Denn Ypsilanti stellt erstmals ihren Rückzug in Aussicht - für den Fall, dass es _bei der Wahl zum Totalabsturz kommt: „Ich übernehme die Verantwortung für das Ganze, auch für den Wahlausgang 2009."

Doch es kommt noch dicker, als sich Ypsilanti zur Nummer zwei der Wahlliste wählen lassen will. Eine weithin unbekannte Astrid Starke kandidiert gegen sie. In ein paar lustlos vorgetragenen Sätzen erklärt sie, dass sie eigentlich nicht antreten wolle, aber ihrem Wahlkreis versprochen habe, Ypsilanti zu verhindern. Das gelingt nicht, aber Ypsilanti bekommt nur 82 Prozent der Stimmen.

Koch räumt Fehler ein

Kein neues Gesicht sieht man bei der CDU, die ebenfalls am Samstag ihren Wahlparteitag abhält. Sie geht wieder mit dem geschäftsführenden Ministerpräsidenten Roland Koch in die Wahl, er wird ebenfalls mit 97 Prozent der Stimmen gewählt. Dass die CDU bei der Wahl vor einem Jahr um zwölf Punkte absackte, sieht Koch auch selbstkritisch: „Wähler irren nicht in dieser Größenordnung." Er hat damals ja einen aggressiven Anti-Ausländer-Wahlkampf geführt. Diesmal setzt Koch ganz auf seine Wirtschaftskompetenz. Er sei ein „zuverlässiger, politischer Handwerker"und wolle mit der FDP eine schwarz-gelbe Koalition bilden. (Birgit Baumann, DER STANDARD, Printausgabe, 15.12.2008)