Im angelsächsischen Raum ist die Praxis des Spendens immer schon ein wichtiger Bestandteil der Zivilgesellschaft gewesen. Eine im europäischen Vergleich traditionell niedrige direkte Besteuerung geht einher mit aktiver Philantropie: Ein kleinerer Staat wird kompensiert durch stärkeren Bürgersinn. Kein Wunder also, dass es in Großbritannien eine große Vielzahl von wohltätigen Einrichtungen gibt.

Schon ein Gesetz aus dem Jahre 1601 regelte die Praxis der "Charities", der gemeinnützigen Organisationen. Zurzeit gibt es im Vereinigten Königreich mehr als 218.000 karitative Einrichtungen, die ein jährliches Einkommen von knapp 52,6 Milliarden Euro verzeichnen. Der Charities Act von 2006 definiert dreizehn mögliche Zwecke, für den ein Charity-Status erteilt werden kann - vom Tierschutz über Religionsbeförderung und Umweltschutz bis zur Linderung der Armut. Eine registrierte Organisation kann einen 20-prozentigen Steuererlass auf alle Spenden beantragen und bekommt dazu noch einen dreiprozentigen Aufschlag vom Schatzamt, was bedeutet, dass gemeinnützige Organisationen für jedes gespendete Pfund tatsächlich 1,28 Pfund erhalten.

Im Gegensatz zur Praxis auf dem Kontinent kommt der Steuervorteil der Organisation und nicht dem Spender zugute, der in der Regel seine Gabe nicht von der Steuer absetzen kann. Nur jene, die den höheren Steuersatz von 40 Prozent zahlen, können die Differenz zum niedrigeren Basissatz gegenüber dem Finanzamt geltend machen. (Jochen Wittmann aus London, DER STANDARD, Printausgabe, 15.12.2008)