Bild nicht mehr verfügbar.

Von seinen ehemaligen Kollegen beim ÖGB wurde Sozialminister Rudolf Hundstorfer zuletzt kritisiert. Für Hundstorfer ist das kein Problem. Jetzt gelte es aber, das Regierungsprogramm umzusetzen.

Foto: APA


Standard: Alles redet von steigender Arbeitslosigkeit. Ist das angenehm, unter solchen Vorzeichen ein Ministeramt anzutreten?

Hundstorfer: Es ist seit längerer Zeit bekannt, dass wir im Jahr 2009 eine Steigerung bei den Arbeitslosenzahlen haben werden. Davon ist das Wifo schon im Sommer ausgegangen, als die Finanzkrise noch kein so massives Thema war. Als ich Ja zum Ministeramt gesagt habe, war mir klar, dass steigende Arbeitslosenzahlen Teil meines weiteren Lebens sein werden.

Standard: Die Sozialpartner haben die dänische Arbeitsmarktpolitik zum Vorbild erklärt. Dort gibt es einen schwachen Kündigungsschutz, dafür aber ein hohes Arbeitslosengeld über eine lange Dauer. Wollen Sie sich auch daran orientieren?

Hundstorfer: Wir prüfen gerade europaweit, welche Modelle auch für uns kompatibel wären. Wir sind dabei, unkonventionelle Ideen zu sammeln und zuzulassen, um rasch im Frühjahr Antworten auf die Probleme am Arbeitsmarkt geben zu können. Da ist natürlich Dänemark auch ein Thema, aber auch in Finnland gibt es einige gute Ansätze. Klar ist aber natürlich: Eine Aufweichung des Kündigungsschutzes ist kein Thema.

Standard: Und wie verhält es sich mit dem höheren Arbeitslosengeld, das in Dänemark bis zu 90 Prozent des Letztbezuges ausmacht?

Hundstorfer: Das will ich jetzt noch nicht sagen. Wir sind gerade dabei, Vorschläge zu sammeln. Dass das Anheben des Arbeitslosengeldes immer ein Thema ist, ist aber auch kein Geheimnis. Ich will aber ein Gesamtkonzept vorlegen.

Standard: Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner denkt über ein „Sicherungsgeld" nach. Das heißt: Angeschlagene Firmen zahlen nur einen Teil des Lohnes, den Rest füllt das AMS auf. Ein sinnvoller Vorschlag?

Hundstorfer: Das ist sicher eine Überlegung wert. Damit sind aber auch Missbrauchsprobleme verbunden. Was ich damit meine? Nicht alle Probleme am Arbeitsmarkt haben mit der Finanzkrise zu tun. Es gibt auch Sektoren, die unabhängig davon Schwierigkeiten haben. Hier bräuchte es also strenge Kontrollmechanismen. Dazu kommen EU-rechtliche Probleme.

Standard: Was meinen Sie damit?

Hundstorfer: Wenn in einem Betrieb Qualifizierungsmaßnahmen stattfinden, die mit AMS-Mitteln gefördert werden, dann ist das von der EU beihilfenrechtlich zu prüfen. Es gibt also sehr restriktive Spielregeln. Die betroffenen Frauen und Männer müssen beispielsweise über 45 sein. Das ist eine richtige Richtlinie für Schönwetterzeiten. Jetzt haben wir aber eine Schlechtwetterfront. Da wäre es gut, wenn man das Korsett dieser Richtlinie etwas erweitern würde.

Standard: Was wollen Sie also konkret machen?

Hundstorfer: Ich werde mich beim EU-Sozialministerrat in Brüssel dafür einsetzen, hier entsprechende Änderungen vorzunehmen.

Standard: Was kann man für die Ärmsten tun? Die Zahl der Sozialhilfebezieher steigt, die neue Mindestsicherung soll aber erst Anfang 2010 starten.

Hundstorfer: Ich werde Anfang Jänner nochmals eine Runde mit den Sozialreferenten der Bundesländer abhalten. Wir bemühen uns, doch früher zu starten. Vielleicht schaffen wir September.

Standard: Noch wird die Mindestsicherung aber von Kärnten blockiert. Würden Sie notfalls auch ohne die Kärntner starten?

Hundstorfer: Ich lasse gerade verfassungsrechtlich prüfen, ob das möglich ist. Danach werde ich entscheiden.

Standard: Die Regierung hat sich zum Ziel gesetzt, die Väterbeteiligung bei der Kindererziehung zu forcieren. Ein sogenanntes Papa-Monat am Beginn der Karenz wird diskutiert. Familien-Staatssekretärin Christine Marek will statt dem Monat aber nur ein bis zwei Wochen, die vom Staat bezahlt werden. Reicht das?

Hundstorfer: Mein Zugang ist: Man sollte das Wort „Monat" schon ernst nehmen. Ich habe auch als ÖGB-Präsident eine betriebsinterne Vereinbarung abgeschlossen, wo den Vätern tatsächlich ein Monat zugestanden wurde. Ich denke aber, dass ich mich mit Frau Marek einigen werde.

Standard: Sie wurden zuletzt von ehemaligen ÖGB-Kollegen gerügt, weil Sie sich von Gewerkschaftsforderungen wie Pensionistenpreisindex, Wertschöpfungsabgabe oder Vermögensbesteuerung verabschiedet haben. Tut diese Kritik weh?

Hundstorfer: Nein. Mein Verhältnis zum ÖGB ist sehr gut. Jetzt bin ich aber Mitglied der Bundesregierung und wir haben mit unserem Koalitionspartner ein Regierungsprogramm vereinbart. Das gilt es jetzt umzusetzen, dazu stehe ich auch. (Günther Oswald, DER STANDARD, Printausgabe, 15.12.2008)