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Rogan: pro Anzüge, pro Industrie.

Foto: APA/Fohringer

Wien - Die Deutschen, sagt Markus Rogan, waren selbst schuld. Er meint nicht alle Deutschen, nur die besten Schwimmer. Die regten sich furchtbar darüber auf, dass ihr Verband, der DSV, sie dazu verpflichtet hatte, in Adidas-Anzügen zu schwimmen. Anzüge generell verleihen Auftrieb und haben heuer zu einer wahren Flut an Bestmarken geführt. Allein bei der Kurzbahn-EM in Rijeka fielen zuletzt an vier Tagen zehn Welt- und 32 Europarekorde.

Nicht Adidas, sondern der australische Hersteller Speedo gilt freilich als Nonplusultra. Und so fühlten sich die Deutschen international benachteiligt. Ihr Jammer war so groß und geschäftsschädigend, dass Adidas am Montag den Vertrag mit dem DSV fristlos kündigte, wodurch dieser um eine Million Euro umfällt. Rogan: „Die Schwimmer hätten sich früher wehren müssen."

Rogan weiß, wovon er spricht. Er hatte sich 2004 mit anderen heimischen Topschwimmern erfolgreich gewehrt, als Österreichs Verband (OSV) einen auch die Wettkampfbekleidung umfassenden Ausrüstervertrag mit dem italienischen Hersteller Diana abschließen wollte. Nun trägt jeder Österreicher, was er will. Ein psychologischer Aspekt kam bei den Deutschen laut Rogan dazu. „Wenn du glaubst, dass du benachteiligt bist, dann bist du es schon."

Freilich muss man kein FKK-Fan sein, um die Entwicklung als pervers zu empfinden - in Rijeka trugen etliche Schwimmer drei Anzüge übereinander, um mehr Auftrieb und weniger Widerstand im Wasser zu haben. Der internationale Verband (FINA) denkt an Reglementierungen. Höchste Zeit, findet Rogan. Eine Rückkehr zur guten alten Badehose wäre aber Humbug. Endlich könnten die Schwimmer einen Nachteil wettmachen. „Wir waren bis dato deshalb nur alle vier Jahre interessant, weil bei uns nie eine Industrie dahinterstand. Ein großer Unterschied zum Skisport oder zur Formel 1."

Zwar ist nicht zu erwarten, dass im Bezirksbad und auf der Donauinsel und in Jesolo nun Schwimmanzüge so richtig in Mode kommen, doch gibt es ein großes Zielpublikum im Bereich der Masters-Schwimmer und Hobby-Triathleten. Rogan: „Wir brauchen das Geld im Sport. Und wir brauchen permanentes Interesse." Ob es fair sei, neue Weltrekorde mit alten zu vergleichen? Die Frage stellt sich für Rogan nicht. Schließlich sehen auch Startsockel anders aus als früher, hat auch die Einführung von Überlaufanlagen beschleunigt.

Kein Platz für Rogan

Die Schwimmer, deutsche wie österreichische, wechseln nun von der Kurz- auf die Langbahn. Rogan trainierte zuletzt im 25-Meter-Becken eines Fitnesscenters in Wien-Margareten. So ging er nicht zuletzt dem im SC-Austria-Ausschluss gipfelnden Bahnenstreit im Wiener Verband aus dem Weg. „So richtig streitet man erst, wenn man auf zu engem Raum ist und sich nicht mehr aus dem Weg gehen kann", sagt Rogan. Für ihn selbst, sagt er, wäre in der Stadthalle nur Platz gewesen, „wenn ich jemand anderen vertrieben hätte". (Fritz Neumann, DER STANDARD Printausgabe, 16.12.2008)