Das Unternehmensservice gibt es flächendeckend in ganz Österreich.

Foto: Bundessozialamt

Nicht einmal ein Viertel der heimischen Unternehmen erfüllt die gesetzliche Beschäftigungspflicht von Behinderten. "Es existieren noch sehr viele Vorurteile, die abgebaut werden müssen", sagt Peter Weiner vom Bundessozialamt zu derStandard.at/Karriere. Betriebe sind verpflichtet, je 25 Mitarbeiter einen begünstigt Behinderten einzustellen. Wird diese Auflage nicht erfüllt, muss die Firma eine jährliche Ausgleichstaxe zahlen. Pro nicht beschäftigten Behinderten werden 220 Euro pro Monat fällig.

Von 16.000 Firmen sind im Jahr 2007 knapp 3.700 ihrer Beschäftigungspflicht nachgekommen. Der Rest hat sich "freigekauft", kritisiert Weiner. Mit Ausreden wie "Behinderte bringen zu wenig Leistung oder sie sind öfters krank". Weiner räumt ein, dass es zwar nicht leicht sei, die "Quote" in allen Branchen zu erfüllen. "Im Bereich Handel oder etwa Dienstleistungen sollte es aber auf jeden Fall möglich sein."

Unternehmensservice

Um Firmen das "Freikaufen" von ihrer sozialen Verantwortung zu erschweren, steht eine Erhöhung des Bußgeldes im Raum. Alleine über eine "Negativstimmung" und über Strafen die berufliche Integration von Behinderten zu forcieren, hält Weiner aber für nicht zielführend. Aufklärungsarbeit und Sensibilisierungsmaßnahmen seien der Schlüssel zum Erfolg. Dafür gibt es seit Juni flächendeckend in ganz Österreich das Unternehmensservice. Durch die kostenlose Beratung sollen mehr Firmen motiviert werden, Behinderten eine Chance zu geben.

Diese Beratungsarbeit wurde vom Bundessozialamt ausgelagert und in private Hände gelegt. In den einzelnen Bundesländern gibt es mehrere externe Unternehmensberatungen, die als Anlaufstelle für bürokratische oder finanzielle Fragen fungieren. "Diese sind regional aufgeteilt", erläutert Weiner. Seit Juni 2008 wurden österreichweit über 2.000 Unternehmen im Rahmen des Unternehmensservice aktiv angesprochen. Bis Ende 2010 sollen bis zu 20.000 Betriebe Menschen mit Behinderung beschäftigen. So lautet das definierte Ziel der Initiative.

Kündigungsschutz als Problem

Dass es sich bei behinderten Menschen nicht auf eine kleine "Randgruppe" beschränkt, beweist eine statische Erhebung. 20 Prozent der Leute im erwerbsfähigen Alter bezeichnen sich als "behindert". Trotzt Diskriminierungsverbots gibt es bei der Integration in den Arbeitsmarkt noch genug Probleme. Laut einer Umfrage sind die Hauptgründe für die Ablehnung der besondere Kündigungsschutz (43 Prozent) und zu viele Auflagen (39 Prozent). Das betrifft in erster Linie die Beschäftigung von begünstigt Behinderten. Das sind jene Personen, deren Grad der Behinderung mindestens 50 Prozent beträgt.

Bei einem Arbeitsverhältnis mit einem begünstigt Behinderten, das seit sechs Monaten aufrecht ist, muss eine etwaige Kündigung vom Behindertenausschuss abgesegnet werden. Wenn dieser seine Zustimmung nicht erteilt, ist die Kündigung rechtsunwirksam. 60 Prozent der Unternehmen befürworten laut einer Umfrage die Abschaffung dieses Passus im Behindertengleichstellungsgesetz. Der Kündigungsschutz wird sehr oft als Ausrede herangezogen, meint Weiner. Nach dem Motto: "Die werde ich nicht mehr los." Das entspreche aber nicht der Praxis.

Umfangreiche Förderungen

Informationsdefizite ortet Weiner etwa bei den umfangreichen Förderungsmöglichkeiten, die Firmen bei der Einstellung von Behinderten anzapfen können. Die Kosten für die Adaptierung der Arbeitsplätze werden über Subventionen abgefangen. Die Integrationsbeihilfe beträgt zum Beispiel im ersten Jahr bis zu 100 Prozent der Bemessungsgrundlage, höchstens jedoch 1.000 Euro pro Monat. Im dritten Jahr kann der Zuschuss immerhin noch 50 Prozent des Lohns ausmachen.

Einer Umfrage zufolge geben 49 Prozent der Unternehmen Menschen mit Behinderungen aufgrund ihrer sozialen Verantwortung eine Chance. Für 33 Prozent sind die besonderen Fähigkeiten der primäre Grund und rund ein Viertel der Betriebe führt die gesetzliche Beschäftigungspflicht ins Treffen. 58 Prozent der Firmen, die bisher keinen Behinderten beschäftigen, wollen dies auch in Zukunft nicht machen, geht aus der Studie hervor.

In Österreich gelten nach dem Behinderteneinstellungsgesetz ca. 95.000 Menschen als "begünstigt behindert". Im Jahr 2007 waren im Schnitt knapp 67 Prozent von ihnen in Beschäftigung. (om, derStandard.at, 17.12.2008)