Wien/Berlin - Billigherbergen haben schon vor Ausbruch der Finanzkrise geboomt und werden nach allgemeiner Einschätzung jetzt einen zusätzlichen Popularitätsschub erfahren. Grund sind unter anderem die zurückgestutzten Reisebudgets, mit denen viele Unternehmen auf den Konjunktureinbruch reagieren.

Österreich ist vergleichsweise spät vom Low-Budget-Boom erfasst worden. Die französische Accor-Gruppe war unter den ersten, die mit ihren Etap- und Ibis-Hotels standardisierte Angebote für vergleichsweise wenig Geld nach Österreich gebracht hat. Neben Orange Wings (Wiener Neustadt, Krems), Daniel (Graz; Wien in Planung) und einigen anderen Pionieren scharren nun weitere Billig-Anbieter in den Startlöchern.

Kaum Personal, schlichte Ausstattung

"Wir sehen in den nächsten zehn Jahren allein in Wien ein Potenzial für 20 bis 30 Budgethotels", sagte der Geschäftsführer der PKF Hotelexperts GmbH, Michael Widmann, dem STANDARD. Einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Billigfliegen und Billigliegen gebe es nicht. "Die Leute sparen punktuell, etwa beim Fliegen, gönnen sich dafür aber an anderer Stelle etwas mehr", sagte Widmann, der sich mit seinem Team auf Hotelberatung spezialisiert hat.

Die Rezepte ähneln sich: Vornehmliche Buchungsmöglichkeit über das Internet, kaum Personal, schlichte Ausstattung, keine im Preis inkludierte Extras. Das trifft auch auf die Hotelkette Motel One zu. Mit dem im September erfolgten Spatenstich für ein 700-Betten-Haus am Wiener Westbahnhof will sie den Markt weiter aufmischen.

Dass das Konzept funktioniert, zeigt ein Blick nach Deutschland. Dieter Müller, Gründer der inzwischen großteils an die spanische NH-Gruppe verkauften Astron-Hotels, hatte Ende der 1990er-Jahre die Idee für ein Budgethotel ganz neuer Art. "Es waren zwischenzeitlich einige Adaptierungen notwendig; jetzt haben wir das passende Produkt", sagte Motel-One-Geschäftsführer Franz Wiessler bei einem Standard-Lokalaugenschein in Berlin.

Einzelzimmer ab 59 Euro

Am Alexanderplatz im Herzen Ostberlins hat Motel One im Vorjahr ein Haus mit 207 Zimmern eröffnet, eines von mittlerweile 21 in ganz Deutschland. Das Einzelzimmer gibt es ab 59, das Doppelzimmer ab 74 Euro. Montag bis Freitag sei das Haus voll mit Geschäftsreisenden, am Wochenende mit Touristen. Der Großteil der Buchungen erfolge über Internet.

Ähnliches schwebt Verkehrsbüro-Vorstand Norbert Draskovits für Österreich und Osteuropa vor. Das Verkehrsbüro ist seit 2005 Hälfte-Partner der in München beheimateten Motel-One-Gruppe in Österreich und östlich davon.

Neben dem Hotel am Wiener Westbahnhof, das 2011 eröffnen wird, wurden zwei weitere Standorte in Wien Alsergrund und Mariahilf identifiziert; die Verträge mit dem Bauherren Conwert sind wegen abweichender Preisvorstellungen aber noch nicht unterschrieben. Auch in Osteuropa ist man bisher noch nicht fündig geworden. (Günther Strobl, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16.12.2008)