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Mosiuoa Lekota gehörte einst zur Elite des ANC. Jetzt steht er an der Spitze der Partei, die sich gegen den Nationalkongress wendet.

Foto: EPA/KIM LUDBROOK

Die Worte der früheren Anti-Apartheidsikone Allan Boesak lösten lauten Jubel aus. Nun habe sich das Blatt gegen die südafrikanische Regierungspartei, den Afrikanischen Nationalkongress ANC, gewendet, rief der frühere Pastor in den großen Festsaal der Universität im südafrikanischen Bloemfontein. Die 4000 Delegierten der Gründungsversammlung der neuen Partei Congress of the People, kurz Cope genannt, dankten es ihm mit begeistertem Applaus. Auf ihren gelben T-Shirts prangte die Aufschrift "Verteidigt unsere Demokratie".

Mit der offiziellen Gründung von Cope am Dienstag hat sich der in Südafrika so dominante ANC endgültig gespalten. Boesak ist nur der jüngste einer Reihe prominenter Überläufer. Führen wird die neue Partei der ehemalige Verteidigungsminister und frühere ANC-Stratege Mosiuoa Lekota. "Der ANC sollte mehr noch als jeder andere wissen, dass es keine Möglichkeit der Umkehr für uns gibt, wir freuen uns jetzt auf die Wahlen", erklärte er. Die Gruppierung solle eine "wirklich nichtrassistische" Partei werden, die allen Südafrikanern eine Heimat biete - unabhängig von ihrer Rasse, ihrer Herkunft und ihrem Geschlecht.

Nun rechnen in Südafrika viele mit einem harten Kampf um die Gunst der Wähler. Die nächsten Wahlen stehen im Frühjahr an. Die neue Gruppe formierte sich - in Abgrenzung zum ANC mit ihrem Chef Jacob Zuma - kurz nach der Absetzung des ehemaligen südafrikanischen Präsidenten Thabo Mbeki im September. "Beide politische Parteien kämpfen darum, wer das Herz des ANC besitzt", sagte Yasmin Sooka, Vorsitzender der Stiftung für Menschenrechte. "Cope scheint mehr aus Eliten zu bestehen, und es wird schwierig für sie werden, die Menschen an der Basis zu erreichen."

Der Erfolg der neuen Partei wird von den politischen Inhalten abhängen, die sich zunächst nicht von den Zielen des ANC unterscheiden: Verringerung der Armut und der 40-prozentigen Arbeitslosenrate, Sicherheit und bessere Ausbildung sowie der Kampf gegen HIV/AIDS sind die vorrangigen Themen. "Die Programme dafür sind bereits unter der ANC-Regierung verabschiedet worden", meint Thabo Rapoo vom Zentrum für politische Studien. "Es geht um eine bessere Umsetzung."

Die werde mit Cope stattfinden, hatte Mbhazima Shilowa, erster Vize-Präsident von Cope und früherer Premier der Provinz Gauteng, bereits vor acht Wochen im Sandton Convention Centre in Johannesburg versprochen. Dort war die Gründung mit viel Enthusiasmus beschlossen worden. Viele ihrer Anhänger sehen in der neuen Partei eine Alternative zum ANC, mit dessen Führungsstil sich besonders die jüngere schwarze Mittelschicht und viele weiße Wähler nicht identifizieren können. Cope genießt auch die finanzielle Unterstützung vieler Wirtschaftsvertreter. Ihre Repräsentanten machen eine Führungskrise in Südafrika aus, die geprägt sei von Arroganz im ANC. Laut Rapoo könnte die Partei bei den nächsten Wahlen bis zu 20 Prozent der Stimmen gewinnen, was die Zwei-Drittel-Mehrheit des ANC gefährden würde.

Langer Namensstreit

Gewonnen hat Cope zunächst im dritten Anlauf den Streit um ihren Namen: Der ANC hatte die Bezeichnung "Congress of the People" angefochten, da sie während der Unterzeichnung der Friedens-Charta 1955 von der früheren Befreiungsbewegung verwendet wurde und vom ANC als Erbe beansprucht wird. Doch das Verfassungsgericht lehnte dies vor wenigen Tagen ab. Ursprünglich hatte Cope sich "South African National Congress" nennen wollen, das jedoch verhinderte der ANC. (Martina Schwikowski aus Johannesburg, DER STANDARD, Printausgabe, 17.12.2008)