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Sarkozy: "Europa hat mich verändert." Der französische Präsident übergibt den EU-Vorsitz mit Jahreswechel an Tschechien.

Foto: AP Photo/Christian Lutz

Straßburg/Brüssel - Der scheidende EU-Ratsvorsitzende, Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy, hat am Dienstag in seiner Abschiedsrede vor dem EU-Parlament heftige Kritik an seinem tschechischen Amtskollegen Václav Klaus geübt: „Es hat uns verletzt, dass die EU-Flaggen von öffentlichen Gebäuden entfernt wurden. Es gereicht niemandem zur Ehre, so zu agieren."
Der Präsident bezog sich dabei auf die Entscheidung des Euroskeptikers Klaus, auf seinem Amtssitz auf der Prager Burg selbst während Tschechiens EU-Ratspräsidentschaft im kommenden Halbjahr nicht die blaue Flagge mit dem Sternenkranz zu hissen. Dauerhaft weht die EU-Flagge dagegen am Sitz der Regierung und an den Gebäuden der Ministerien.

Der tschechische Außenminister Karl Schwarzenberg hat die Kritik umgehend zurückgewiesen. Schwarzenberg betonte, dies sei eine Angelegenheit jedes einzelnen Mitgliedsstaates. Es gebe kein EU-Gesetz, das vorschreiben würde, dass die blaue Fahne mit goldenen Sternchen überall aufgehängt werden soll.

Der EU-Reformvertrag von Lissabon kann nach Einschätzung Sarkozys mit der Aufnahme Kroatiens in die Europäische Union in Kraft treten. Das Land könne 2010 oder 2011 Mitglied der Europäischen Union werden, wenn alles gut laufe, sagte er. Bei dieser Gelegenheit werde der EU-Reformvertrag um ein Protokoll ergänzt, mit den verabredeten Zusagen an Irland wie etwa der Absicherung der Neutralität und der Beibehaltung des Abtreibungsverbotes. Der Lissabon-Vertrag könne somit wahrscheinlich 2010 und damit nur ein Jahr später als ursprünglich geplant in Kraft treten.
In einem leidenschaftlichen Appell forderte Sarkozy die EU-Abgeordneten zur Verabschiedung des europäischen Klimapakets auf. Es wäre verantwortungslos, wenn die Europäer auf ihre Klimaziele verzichteten, sagte er.

Dies wäre besonders jetzt unsinnig, da der zukünftige US-Präsident Barack Obama erstmals ehrgeizige umweltpolitische Ziele festgeschrieben habe. „Wie sollte Europa sonst in der Welt von Brasilianern und Chinesen gehört werden, die selbst etwas tun müssen", sagte Sarkozy, dessen dritter Auftritt vor dem Europaparlament häufig von Beifall begleitet wurde. Zur Bilanz des sechsmonatigen französischen Ratsvorsitzes sagte der Präsident, dass ihn das ständige Ringen um Kompromisse im Kreis der 27 Länder Toleranz gelehrt habe. „Ich habe versucht, Europa zu bewegen, doch Europa hat mich verändert."

Polizei stoppt Österreicher

Die französische Polizei hat einer Delegation des ÖGB in Straßburg den Zutritt zum EU-Parlament verweigert. „Das ist nicht das Europa der Bürger, wenn die Polizei bestimmt, wer ins Parlament reinkommt", meinte Willi Mernyi, Kampagnenleiter des ÖGB. Die rund 100 Gewerkschafter seien vom österreichischen EU-Abgeordneten Harald Ettl eingeladen worden. Begründet habe die französische Polizei die Zutrittsverweigerung mit mehreren für Dienstag angemeldeten Demonstrationen und der Anwesenheit von Nicolas Sarkozy. (mimo, Reuters, DER STANDARD, Printausgabe, 17.12.2008)