Die Reihe der Vorgänger kann sich sehen lassen: Ben Jonson gehört dazu, William Wordsworth, im 20. Jahrhundert John Betjeman und Ted Hughes. Ehrenvoll war es allemal, als der damals 46-jährige Andrew Motion vor zehn Jahren zum offiziellen britischen Hofdichter berufen wurde. Inzwischen aber sehnt Motion das Ende seiner Amtszeit herbei: Der mit jährlich umgerechnet 6440 Euro sowie einem Fässchen Sherry dotierte Job habe sich als "sehr, sehr schädlich" für seine Arbeit herausgestellt.

Schon haben Nachfolgekandidaten für den Posten, der nicht mehr auf Lebenszeit vergeben wird, öffentlich abgesagt, darunter Nobelpreisträger Seamus Heaney sowie Wendy Cope. Eine Frau solle es werden, wünscht sich die Organisatorin des Gedicht-Festivals von Ledbury: "Der Beitrag von Frauen zur Poesie wird immer noch unterschätzt" , glaubt Chloe Garner. Ihre Bittschrift an Queen Elizabeth II schickte die Lobbyistin wohlweislich in Kopie an Kulturminister Andy Burnham und Premier Gordon Brown - schließlich weiß man von der 82-jährigen Monarchin, dass ihr ein fröhliches Pferdegewieher mehr Vergnügen bereitet als wohlgesetzte Verse.

Zugegeben war es nicht immer leicht, Motions gelegentlich papierene Verse zu mögen. Für öffentliche Anlässe zu schreiben sei schwer, sagt der Hofdichter und wählt dafür einen hübschen Vergleich: Es handle sich um "linkshändige Gedichte, die mit der rechten Hand geschrieben sind" . Immerhin ließ sich Motion nie zu peinlichen Huldigungen hinreißen. Immer wieder nutzte er seine herausgehobene Stellung als Dichter der Nation auch zu politischen Stellungnahmen. Eindringlich warnte er vor der britischen Beteiligung am Irak-Krieg - solchen Mut haben wenige seiner Vorgänger bewiesen; und er gründete eine Online-Anthologie, in der Dichter ihre Werke lesen.

Wer auch immer aus dem obskuren Konsultationsverfahren der kommenden Wochen als Sieger hervorgeht - dem Vernehmen nach zählen die Schottin Carol Ann Duffy und Simon Armitage zu den Favoriten -, sollte dieses wichtige Erbe des geplagten Hof-Poeten pflegen. (Sebastian Borger aus London, DER STANDARD/Printausgabe, 17.12.2008)