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Sie dürfen nicht mehr marschieren: Die Ungarische Garde - hier bei einem Aufmarsch im Oktober - würde, so ein Budapester Gericht, Minderheiten Angst einjagen und deren Menschenwürde verletzen.

Foto: AP/Bela Szandelszky

Die Ungarische Garde, eine rechtsextreme, romafeindliche Organisation mit Hang zu faschistoiden Operettenuniformen, ist aufgelöst. Zumindest als Verein und in erster Instanz. Nach einem fast einjährigen Verratsprozess befand Richter Árpád Pataki vom Budapester Stadtgericht am Dienstagabend, dass der Verein Ungarische Garde den Roma und anderen Minderheiten mit seinen Aktivitäten Angst einjage und ihre menschliche Würde verletze, was gegen das Vereinsrecht verstoße. Die Anwälte der Garde legten gegen das Urteil, das noch nicht rechtskräftig ist, umgehend Berufung ein.

Der slowakische Premierminister Robert Fico hat am Mittwoch das gerichtliche Verbot der Garde begrüßt. "Dieser Schritt wird erheblich dazu beitragen, die bilateralen Beziehungen zwischen der Slowakei und Ungarn zu beruhigen", sagte Fico. Er forderte, auch andere ähnlich extremistische Gruppen in Ungarn zu verbieten.

In Ungarn begrüßte das demokratische Spektrum das Urteil. "Zum ersten Mal hat ein ungarisches Gericht in einem solchen Fall gesagt: 'Nein, das nicht!'", erklärte die Fraktionschefin der regierenden Sozialistischen Partei (MSZP), Ildikó Lendvai. Auch die Demokratische Charta, ein Zusammenschluss prominenter linker und liberaler Intellektueller, zeigte sich zufrieden. Das Urteil beweise, dass "das geltende ungarische Recht sehr wohl Handhaben gegen minderheitenfeindliche Hetze und das Einschüchtern von Menschen bietet", stellten die Sprecher der Charta fest.

"Zigeunerkriminalität"

Die im August 2007 gegründete Garde macht vor allem gegen die rund halbe Million Roma in Ungarn Stimmung, von denen angeblich "Zigeunerkriminalität" ausgehe. Daneben übt sie eine fragwürdige Traditionspflege, wie man sie in Österreich von Kameradschaftsbünden und SS-Bruderschaften kennt - Ungarn war im 2. Weltkrieg mit Hitler-Deutschland verbündet.

Für gefährliche Spannungen sorgt sie seit ihrer Gründung mit provokanten Aufmärschen in von Roma bewohnten Dörfern und Stadtteilen. Ihr Wirken trug mit zur Schaffung eines Klimas bei, in dem sich die rassistische Gewalt gegen Roma massiv verschärfte. Allein im November starben vier ungarische Roma bei Anschlägen auf ihre Siedlungen. Das Urteil vom Dienstag wird jedoch die Aufmärsche nicht beenden. Es bezieht sich auf den Trägerverein, nicht auf die "Bewegung Ungarische Garde", der sich die Marschierer zugehörig fühlen. Eine "Bewegung" ist in Ungarn juristisch nicht definiert und fällt deshalb auch nicht unter das Vereinsrecht.

Die Aufmärsche wurden wiederum in der Regel von Privatpersonen als "Kundgebungen" angemeldet. Das geltende, liberal gefasste ungarische Demonstrationsrecht gibt aber den Behörden wenig legale Möglichkeiten, die Zusammenschluss und Spannung schürenden Umtriebe der "Gardisten" abzustellen. (Gregor Mayer aus Budapest /DER STANDARD, Printausgabe, 18.12.2008)