Wien - Die Realisierung der geplanten Nabucco-Pipeline, die unter Umgehung Russlands Erdgas aus der kaspischen Region nach Europa führen soll, hat für OMV-Chef Wolfgang Ruttenstorfer nach wie vor höchste Priorität - und "die Chancen waren nie besser", zeigte sich Ruttenstorferam Mittwoch  überzeugt. "Bei der Kostenschätzung geht man nach wie vor von 7,9 Mrd. Euro aus, wobei sich die Kosten wegen der sinkenden Stahlpreise eher reduzieren dürften. Eines sei sicher: "An der Finanzierung wird Nabucco nicht scheitern."

Wichtigere Herausforderungen als die Kosten sind laut Ruttenstorfer das noch ausständige "intergovernmental agreement" mit der Türkei sowie die Frage, woher man das Gas für die Pipeline bekommt. "Unsere Priorität ist kaspisches Gas, aber der Iran hat die zweitgrößten Gasreserven der Welt, man sollte ihn also nicht vergessen." Vom neuen US-Präsidenten Barack Obama erwarte er sich keine raschen Änderungen, sagte Ruttenstorfer. Es gebe aber genügend andere Gaslieferanten: Aserbaidschan habe genug Gas auch für den Export nach dem Westen und auch Turkmenistan verfüge über riesige Reserven. Irakisches Gas dürfte nicht vor 2018 zur Verfügung stehen. Auf eine positive Entscheidung für Nabucco hofft Ruttenstorfer für 2009.

Fokus auf derzeitiges Geschäft

Weitere Zukäufe sind für die OMV derzeit kein Thema. "Die großen Dinge sind die nächsten zwei Jahre nicht zu erwarten", stellte Ruttenstorfer klar. Man werde Akquisitionen "auf das zurückführen, was wir aus unserem Cash Flow decken können". Der Fokus sei, das jetzige Geschäft gut zu managen und gut aus der Krise herauszukommen. "Wir sind gesund, was unsere Finanzierung betrifft, aber wir verlassen uns 2009 nur auf unseren Cash Flow - nach Abzug der Dividende."

An der ungarischen MOL ist die OMV nach wie vor mit 20,2 Prozent beteiligt - man habe die Anteile lediglich für zur Aufnahme eines Darlehens belehnt, erklärte Ruttenstorfer. Ein Verkauf der Beteiligung wäre derzeit ungünstig, da der Kurs der MOL-Aktie ihren wahren Wert nicht widerspiegle.

Die Finanz- und Wirtschaftskrise wird nach Ansicht des OMV-Chefs noch längere Zeit aktuell bleiben. "Wir glauben nicht, dass das Ding morgen vorbei geht, und alles ist wieder bestens." Die Krise der Autobranche beunruhigt Ruttenstorfer nicht, "solange die Leute mit den alten Autos weiterfahren". Der Benzinpreis "wird sich nicht entwickeln wie die amerikanischen Zinsen, es bleiben ja die Steuern".

Dass die OMV-Kernaktionäre ihre Anteile auf der OMV zuletzt aufgestockt haben - sie halten derzeit zusammen über 50 Prozent - wertet Ruttenstorfer als "ein gutes Zeichen, dass sie zum Unternehmen stehen". Die Tatsache, dass die OMV damit ein mehrheitlich staatliches Unternehmen ist, stört ihn dabei auch nicht. "Heutzutage ist das en vogue." (APA)