Zur Person

Christiane Link lebt und arbeitet in London. Nach dem Abitur hat sie in Deutschland Politische Wissenschaft studiert. Schon neben dem Studium war sie im Journalismus tätig. Ihr Webblog behindertenparkplatz.de hat 2007 beim Blogwettbewerb der deutschen Welle in der Kategorie "Bestes deutsches Webblog" gewonnen. Sie hat die einzige deutschsprachige Zeitung in Großbritannien gegründet.

Foto: derStandard.at/Türk

Christiane Link ist Journalistin. Mit 15 Jahren hat die Hamburgerin ihr erstes Praktikum im Journalismus absolviert und seitdem konstant darauf hingearbeitet, ihren Berufswunsch zu verwirklichen - hat Praktika und Volontariate gemacht und politische Wissenschaften studiert. Später hat sie unter anderem auch für die deutsche Presseagentur dpa und BBC geschrieben. "Ich habe genau das gewollt, wovon behinderten Menschen abgeraten wird: ich wollte unbedingt in eine aktuelle Redaktion, wo alles schnell gehen muss."

Heute ist sie über 30, lebt in London und hat dort ihre eigene deutschsprachige Zeitung gegründet. Den Rollstuhl, in dem sie seit ihrer Kindheit sitzt, hat sie selbst nie als Hindernis gesehen, das hört man ganz deutlich heraus, wenn man ihr zuhört. Menschen, die sie mit ihrer Selbstsicherheit konfrontiert, sehen das nicht immer so. Die Barrieren im Kopf und auch jene, die den Zugang zu Pressekonferenzen nicht ermöglichen, sind häufig groß.

Unterschätzt aufgrund der Behinderung

"Bei der Berufsberatung hat man mir als Jugendliche gesagt 'Du kannst nicht Journalistin werden'", erzählt Link von ihren Erfahrungen, bei denen sie auf Unverständnis und Abwehr gestoßen ist. Bewiesen hat sie das Gegenteil: Sie ist beruflich um die ganze Welt gereist, auch wenn der organisatorische Aufwand manchmal groß war, war in einem Beruf, in dem es auf Schnelligkeit ankommt, immer die Gewinnerin im Wettlauf mit der Zeit im Vergleich zu Kollegen aus Konkurrenzmedien und hat sich ein großes Netzwerk aufgebaut. „Dass ich Rollstuhlfahrerin bin, hat mir auch Vorteile gebracht", erzählt Link, "mein Wiedererkennungswert ist hoch und ich habe in den Redaktionen Kollegen kennen gelernt, die mich sonst nicht angesprochen hätten."

Organisationstalent

Link organisiert Dinge anders als ihre Kollegen, nützt angebliche Nachteile: "Ich bitte Menschen oft in die Redaktion zu kommen, darüber freuen sich viele." Ihre Offenheit, wenn sie Hilfe bei einer Stufe braucht, macht die Stimmung bei Interviews lockerer, weil man sich auf einer menschlicheren Ebene kennen lernt, Gespräche finden dann in viel angenehmerer Atmosphäre statt.

Offene Diskriminierung

Allerdings muss Link auch mit Diskriminierung umgehen. Auf Pressekonferenzen ist es ihr schon passiert, dass sie gar nicht als Vertreterin eines Mediums wahrgenommen wurde. "Nicht nur einmal, als ich eine Pressemappe holen wollte, hat man mir gesagt 'Die ist nur für Journalisten'", erzählt sie. Bei Anfragen, ob Pressekonferenzen für sie baulich erreichbar sind, stößt sie nicht selten auf Unverständnis. Und auch mit offener Diskriminierung muss man als behinderter Mensch heute noch immer rechnen: Fragen wie "Wer hat Sie denn eingestellt?" und ein ungläubiges "Sie sind wirklich von der dpa?", hat die erfolgreiche Journalistin auch nicht nur einmal gehört.

Unternehmerin in Großbritannien

Bessere Erfahrungen macht sie in Großbritannien. "Dort herrscht ein Grundkonsens darüber, dass Menschen - egal mit oder ohne Behinderung - an der Gesellschaft teilhaben. Das Behindertengleichstellungsgesetz ist der Mehrheit der Briten ein Begriff", so Link. Sie tritt dort ganz normal als Unternehmerin auf. "Bei der BBC habe ich noch keine Mittagspause erlebt, in der ich nicht behinderte Kollegen getroffen habe." Generell empfindet sie die Einstellung der britischen Gesellschaft zu Menschen mit Behinderung positiver.

Auch im Bewerbungsprozess läuft vieles anders ab: die Unternehmen haben Fragebögen, die von Bewerbern im Laufe des Bewerbungsgesprächs ausgefüllt werden können, dort kann man angeben, ob man behindert ist. Nach einer bestimmten Zeit wird dann überprüft, wie viele der behinderten Menschen, die sich beworben haben, auch tatsächlich dort arbeiten. Diskriminierung kann für britische Unternehmen teuer werden. Auch Link dokumentiert als Arbeitgeberin sehr genau, wer sich bei ihr bewirbt.

Vorurteile

"Ich verstehe das Vorurteil nicht, behinderte Menschen könnten nicht Journalisten werden", sagt Link sehr bestimmt. Für sie ist alles eine Sache der Organisation und der Akzeptanz, ohne die es nicht geht. Der Organisationsaufwand liege allerdings sehr stark auch in den Händen des Arbeitgebers. Doch auch sie gibt zu, nicht ganz frei von Vorurteilen zu sein: "Ein blinder Kollege ist nicht, wie gedacht, beim Radio, sondern arbeitet beim Fernsehen." (Marietta Türk, derStandard.at, 17.12.2008)