Wien - Mit einem Appell an die gemeinsame Geschichte und die beide Regionen betreffenden Herausforderungen der Gegenwart haben am Mittwoch Außenminister Michael Spindelegger und der Generalsekretär der Arabischen Liga, Amr Mussa, die internationale Konferenz "Europa und die Arabische Welt" in der Wiener Hofburg eröffnet. Mussa bezeichnete es als "gemeinsames Projekt", die Spannungen zu überwinden, die durch die These des Zusammenpralls der Kulturen in der öffentlichen Meinung geschaffen wurden. Stattdessen fordert er einen "Dialog der Kulturen".

Spindelegger betonte die gemeinsame Geschichte Europas und der arabischen Welt: "Eine Geschichte der Gegensätze und Konflikte, aber eine noch längere Geschichte des fruchtbaren Austausches und der Koexistenz", sagte der Außenminister.

Sowohl Mussa als auch Spindelegger sprachen der früheren Außenministerin Ursula Plassnik ihren Dank für die Vorbereitung der hochkarätig besetzten Veranstaltung aus, zu der erstmals auch Vertreter aus der Zivilgesellschaft und der Kirchen geladen sind.

Österreichs als "Drehscheibe"

Spindelegger und Amtsvorgängerin Plassnik betonten die Funktion Österreichs als "Drehscheibe" für den Dialog mit den arabischen Staaten. "Wir werden nicht den Frieden im Nahen Osten bewegen können", so Spindelegge. "Aber was wir leisten können, tun wir mit dieser Konferenz. Es braucht immer vertrauensbildende Maßnahmen, es braucht eine Drehscheibe für einen Friedensprozess." Plassnik betonte, sie werde für den neuen Außenminister auch weiterhin die bestehenden Netzwerke pflegen.

Österreich ist laut Plassnik das erste Land, das eine Folgeveranstaltung der ersten Außenminister-Konferenz der EU und der Arabischen Liga im Februar auf der Mittelmeerinsel Malta auf die Beine gestellt hat. "Wir haben da ein Profil, das wir auch weiter pflegen wollen", sagte die VP-Politikerin. Als Novum der Konferenz in der Hofburg hob Spindelegger hervor, dass "man sich über die Zukunft der Gesellschaften Gedanken macht". Er und Plassnik begrüßten die bei der Eröffnung der dreitägigen Konferenz am Mittwoch angeklungenen Ideen.

So setzte sich der französische Islam-Wissenschafter Gilles Kepel ("Al-Kaida in Texten") nicht nur für die verstärkte Ausbildung der in den arabischen Staaten heranwachsenden Eliten vor. Er schlug auch ein "Dreieck der Partnerschaft" zwischen der EU, den Golfstaaten und der Levante, also der Staaten des östlichen Mittelmeers, vor. Diese sollten Vorteile der drei Regionen miteinander verbinden: Die "Schaffenskraft" der EU, die "Investitionsfähigkeit" des Golfs - und die arbeitsuchende junge Bevölkerung der südlichen und östlichen Staaten.

Spindelegger sprach von Ländern, in denen 60 Prozent der Bevölkerung unter 18 Jahre alt sind, und zitierte die Weltbank, laut der in den kommenden 20 Jahren 100 Millionen Jobs in den arabischen Ländern gebraucht würden. Europa dagegen hat laut Yousriya Loza Sawiris, Gründerin der ägyptischen Sawiris-Stifung, "keine Jugend mehr". Sawiris brachte auch die Idee europäisch-arabischer Städtepartnerschaften ins Spiel.

"Das Mittelmeer ist keine Grenze"

Der saudische Prinz Turki al-Faisal unterstrich, dass auch Nordafrika "ein Teil Europas sein sollte". "Das Mittelmeer ist keine Grenze, sondern eine Verbindung", zitierte er einen "weisen" Mann und begrüßte im selben Atemzug die vom französischen Präsidenten Nicholas Sarkozy initiierte Mittelmeerunion. Der Generalsekretär der Arabischen Liga, Mussa, sprach jedoch auch von "Unzulänglichkeiten" der die Anrainerstaaten des Mittelmeers umfassenden Initiative. Er hoffe, einen "umfassenderen Rahmen" finden zu können.

Am Mittwoch und Donnerstag stehen in der Hofburg in Wien Arbeitsgruppen zu den Themen Jugend, Zivilgesellschaft und der Rolle der Frauen auf dem Programm. Am Freitag bildet ein Runder Tisch mit Ministern aus zahlreichen arabischen Staaten und EU-Ländern den Abschluss. (APA)