Istanbul - Die Justiz in der Türkei will nach den sterblichen Überresten der Opfer illegaler Hinrichtungen durch einen militärischen Geheimdienst in den 90er Jahren suchen. In der Gegend um Silopi in der Nähe der türkischen Grenze zum Irak in Südostanatolien sollten so genannte Todesbrunnen auf Anordnung der Staatsanwaltschaft geöffnet werden, berichteten türkische Zeitungen am Mittwoch. Nach einem vor wenigen Monaten erschienenen Buch hatten Agenten des Geheimdienstes der paramilitärischen Gendarmerie, JITEM, die Leichen von Opfern außergerichtlicher Hinrichtungen mit Säure übergossen und in die Brunnen geworfen.

Die Anwaltskammer der Provinzhauptstadt Sirnak, die sich an die Staatsanwaltschaft in Silopi gewandt hatte, nannte die geplanten Brunnenöffnungen notwendige Schritte zur Aufarbeitung der Vergangenheit. In den 90er Jahren, als der Krieg zwischen der türkischen Armee und den kurdischen PKK-Rebellen einen Höhepunkt erreichte, wurden im türkischen Kurden-Gebiet zahlreiche bis heute ungeklärte Morde verübt; auch verschwanden damals viele Menschen spurlos.

Der Geheimdienst JITEM wird unter anderem mit der rechtsnationalen Gruppe "Ergenekon" in Verbindung gebracht, deren mutmaßliche Chefs derzeit wegen eines bewaffneten Umsturzversuches gegen die Regierung vor Gericht stehen. Der angebliche JITEM-Gründer, Ex-General Veli Kücük, ist einer der Hauptangeklagten im "Ergenekon"-Prozess. (APA)