Wenn ein Polizist die Pistole zieht, kann das fatal enden. Beamten selbst wäre ein Taser-Einsatz manchmal lieber.

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Spätestens am Freitag wird über seine U-Haft entschieden werden.

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Wien - Der Ziffernsturz einer Schreibkraft lässt den Mann, den Mittwochmorgen auf der Troststraße in Wien-Favoriten vier Polizeikugeln getroffen haben, als reuigen Sünder dastehen. Denn im Computersystem der Wiener Staatsanwaltschaft trägt einer der Paragrafen, die dem 48-jährigen Stefan B. vorgeworfen werden, die Nummer 296, wie innerhalb der Anklagebehörde amüsiert beobachtet wird. Das wäre nämlich "Tätige Reue" . Gemeint ist natürlich der Paragraf 269, der "Widerstand gegen die Staatsgewalt".

Das ist aber nicht das einzige Delikt, das in diesem Fall untersucht wird. Ermittelt wird auch wegen schwerer Körperverletzung (der Verdächtige soll einen Polizisten mit einem Besenstiel im Gesicht verletzt haben), gefährlicher Drohung (das Ziehen des Messers) und dem Besitz von Suchtgift. Der Betroffene selbst hat sich bisher nicht dazu geäußert, er befindet sich noch im Unfallkrankenhaus Meidling, wo seine Wunden in Unterschenkel, Oberarm und Schulter versorgt worden sind.

"Bis spätestens Freitag wird es eine erste Stellungnahme von ihm geben müssen, da ein Richter über die Verhängung der Untersuchungshaft entscheidet und dafür eine Befragung vorgeschrieben ist" , erklärt Gerhard Jarosch, Sprecher der Staatsanwaltschaft.

Doch Stefan B. ist nicht der einzige Beteiligte der Schießerei auf der Troststraße, der die Justiz beschäftigt. Der Polizeibeamte, der insgesamt zwölf Schüsse abgefeuert hat, steht unter dem Verdacht der Körperverletzung. In diesem Fall muss die Oberstaatsanwaltschaft erst entscheiden, an welche Staatsanwaltschaft in Niederösterreich oder im Burgenland der Fall abgegeben wird. Im eigenen Bundesland wird nicht gegen Polizisten und Richter ermittelt.

Tödliche Amtshandlung

Das ist der Grund, warum für einen anderen, tödlichen Waffengebrauch eines Polizisten in Niederösterreich die Staatsanwaltschaft Eisenstadt zuständig ist. Es geht um einen Rumänen, der sich mit zwei Komplizen auf Autobahnen als Polizist ausgegeben und dabei Lenker bestohlen haben soll.

Das Trio wurde im April auf einem Parkplatz gestellt, bei einem Fluchtversuch wurde einer fatal getroffen. "In ein paar Wochen" werde über eine mögliche Anklage wegen fahrlässiger Tötung gegen den Beamten entschieden, sagte Alexandra Maruna, Sprecherin der Staatsanwaltschaft, der Austria Presse Agentur. Die Komplizen des Rumänen wurden am Donnerstag in Krems, nicht rechtskräftig, zu drei beziehungsweise einem Jahr teilbedingter Haft verurteilt.

Derartige gefährliche staatliche Waffeneinsätze heizen die Diskussion um Taser wieder an. Rund 200 dieser Elektroschockgeräte werden im Innenministerium bei Spezialeinheiten und in Polizeigefängnissen erprobt. Das Justizressort hat den Einsatz in Haftanstalten wegen gesundheitlicher und rechtlicher Bedenken abgebrochen.

"Seit Sommer 2006 wurden die Geräte 71-mal eingesetzt, gröbere Verletzungen gab es nicht" , sagt Innenministeriumssprecher Rudolf Gollia. Bei der Wiener Sondereinheit Wega ist man intern vom Taser durchaus angetan. "Auf der Straße, bei einem sich bewegenden Ziel ist es allerdings schwieriger. Man muss viel näher an den Verdächtigen kommen als beim Schusswaffengebrauch" , meint ein Wega-Beamter, der anonym bleiben will. "Grundsätzlich ist es aber nicht schlecht, ein gelinderes Mittel als die Pistole zu haben, da nur ein Promillebereich der Polizisten gerne schießt." (Michael Möseneder, DER STANDARD - Printausgabe, 19. Dezember 2008)