Bild nicht mehr verfügbar.

Sudans Präsident Bashir und sein tschadischer Kollege Déby.

Foto: epa

"Bleib, wo du bist, ich komme vorbei" , stand in der SMS, die Massalbaye Tenebaye bekam, nachdem er einen Bericht über die Menschenrechtsverletzungen nach dem Rebellenangriff auf N'Djamena im Februar geschrieben hatte. Der Aktivist von der Tschadischen Liga für Menschenrechte (LTDH) hatte minutiös aufgelistet, wie die Armee nach dem Abzug der Rebellen, Oppositionelle und ethnische Gruppen massakrierte. Es kam zu Massenvergewaltigungen und Morden. Die SMS hat Tenebaye vielleicht das Leben gerettet. Als Absender stand: Ein französischer Freund. Tenebaye verstand sofort und verließ sein Büro, bevor ihn die Sicherheitskräfte abholen konnten.

Er ist nun daran gewöhnt, in Medien denunziert zu werden oder dass seine Miete um das Dreifache steigt. Das Regime mag ihn nicht. Geschützt ist er vielleicht noch dadurch, dass ihn Ausländer - vor allem Franzosen -, die in der tschadischen Hauptstadt leben, kennen. In N'Djamena spielen sie ein heikles Spiel mit einem brutalen Regime.

Auch die EU versucht mit Präsident Idriss Déby zu kooperieren, um ihn gleichzeitig unter Druck setzen zu können. So kritisiert der Chef der EU-Delegation im Tschad, Gilles Desesquelles, zwar mangelnde Demokratisierung -man habe nur mit "gezogenem Messer" durchgesetzt, dass die Opposition nun vier Minister stellt - andererseits glaubt er, dass es zu Déby zur Zeit keine Alternative gibt.

Er dürfte bei den Wahlen, die gerade mit EU-Hilfe vorbereitet werden, legitimiert werden, obwohl seine Ethnie, die Zaghawa, nur fünf Prozent der Bevölkerung ausmachen. Seine Macht basiert auf einer Art Familienarmee, die zum "Freundeskreis" Débys oder zu seinem Stamm gehören.

Rechtlich können die oftmals korrupten Beamten nicht zur Verantwortung gezogen werden, weil sie als "ehemalige Kämpfer" - Déby putschte sich 1990 an die Macht - nicht der Justiz untergeordnet sind. Eine Gewaltentrennung bleibt also eine Illusion.

Eine Herausforderung für die Europäer im Tschad ist die für Jänner erwartete Ausstellung des Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) gegen den sudanesischen Präsidenten Omar al-Bashir wegen der Verbrechen gegen die Fur, Masalit und Zaghawa in Darfur. Während die USA den Haftbefehl begrüßen, wird er in der EU-Delegation in N'Djamena als "Damoklesschwert" gesehen. Denn die Reaktion von Bashir ist unabsehbar.

Nicht nur UN-Generalsekretär Ban Ki-moon sorgt sich um das Wohl der UN-Soldaten in Darfur, wo Bashir die internationale Gemeinschaft mit der Behinderung der Stationierung der 19.000 Mann starken Mission ohnehin schon die längste Zeit an der Nase herumführt. Fragil ist auch der Friedensvertrag mit dem Südsudan und eben der Waffenstillstand mit dem Tschad. Auch der Erfolg der UN-Mission im Tschad (Minurcat), die von der EU besonders unterstützt wird, ist schließlich abhängig von den Entwicklungen im Sudan.

Angesichts des Haftbefehls, zeigte Bashir in letzter Zeit zwar ein friedlicheres Gesicht, kündigte eine Waffenruhe in Darfur an, die diplomatischen Beziehungen zum Tschad wurden wiederaufgenommen und eine gemeinsame Grenzpatrouille soll für mehr Sicherheit sorgen. Doch gleichzeitig haben beide Seiten aufgerüstet. Der Tschad kaufte ukrainische, der Sudan russische Militärflugzeuge. Und auch die Vorwürfe bleiben dieselben: So sagt etwa Mahammat Moussa Moctar, der im Tschad für die Stationierung der internationalen Truppen zuständig ist, dass allein die Krise in Darfur die Flüchtlingscamps im Osten des Tschad geschaffen habe. Dass N'Djamena die Rebellen in Darfur unterstützt und gewisse Ethnien unterdrückt, sagt der Regierungsbeamte nicht. (Adelheid Wölfl/DER STANDARD, Printausgabe, 19.12.2008)