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Dass Österreich im Korruptionsbericht des Europarates schwer kritisiert wird, hängt für Innenministerin Maria Fekter mit dem von Herwig Haidinger losgetretenen Untersuchungsausschuss zusammen.

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Wien - "Weil ich mich nicht korrumpieren ließ", sei er als Chef des Bundeskriminalamtes abgesetzt worden. Mit dieser Aussage in einem Interview mit der Austria Presse Agentur im Februar 2008 sorgte Herwig Haidinger für Aufruhr, der in der Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses zu Vorgängen im Innenministerium führte. Und der Mitschuld trägt, dass der Europarat an einen politischen Druck auf Polizisten glaubt, wie Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) überzeugt ist.

Greco steht für "Groupe d'Etats contre la Corruption" - Staatengruppe gegen Korruption -, und diese Kommission des Europarates hat im vergangenen November zum ersten Mal die Lage in Österreich geprüft. Die Korruption im Lande sei zwar nicht groß - das Bewusstsein allerdings ebenso wenig. Die Prüfung brachte beachtliche Resultate, wie der am Freitag offiziell vom Innenministerium publizierte Bericht offenbart. Denn das Gremium zerpflückte die heimischen Bestrebungen und Strukturen im Bereich der Korruptionsbekämpfung teilweise heftig.

"Allgemein werden die Polizei und Staatsanwaltschaften als nicht unabhängig genug und/oder unter starkem politischem Einfluss wahrgenommen", steht beispielsweise in dem 46 Seiten starken Dossier. Was auch mit dem Eigeninteresse der Beamten zu tun hat. Der Greco wurde mitgeteilt dass, "obwohl das ,Proporz-System' nicht mehr so einflussreich wie in der Vergangenheit ist, eine politische Unterstützung zu einer schnelleren Beförderung von Beamten führen kann, zum Nachteil jener, die ,nicht die richtige politische Farbe' haben."

Bei den Behörden, die Korruption bekämpfen sollten, attestieren die Besucher ebenfalls gröber Mängel. Das Büro für interne Angelegenheiten (BIA) im Innenministerium wird zwar lobend erwähnt: es sei international vernetzt und sei eine Einrichtung, die das Potenzial für eine entscheidende Rolle im Kampf gegen Korruption habe. Aber: "Das BIA bleibt angreifbar, da es die gesetzliche Möglichkeit für den Innenminister gibt, die Einstellung von Ermittlungen anzuweisen." Man habe auch von internem Druck erfahren.

Weiterer Kritikpunkt: die unklare Aufgabenstellung für die internen Ermittler. Ob sie nur für Korruption im Innenministerium zuständig sei, für alle Beamten oder gar auch in der Privatwirtschaft, ist gesetzlich nicht geregelt. Ebenso wenig wie es eine in Paragrafen gegossene Antwort auf die Frage gibt, wie das BIA eigentlich mit anderen Behörden zusammenarbeiten muss oder soll. Andere Polizeidienststellen, etwa im Bundeskriminalamt, seien unterbesetzt und verfügen nur über kleine Budgets.

Fehlende Erfahrung

Scharf ins Gericht wird auch mit den Staatsanwaltschaften gegangen. Deren Situation hat sich durch die StPO-Reform zwar mittlerweile verändert und, wie Juristen meinen, verbessert. Allerdings wurde im vergangenen Jahr noch konstatiert, dass "Ankläger unter starkem Druck stehen zu scheinen, Resultate zu bringen, obwohl sie nicht notwendigerweise die Mittel, die Unterstützung oder die Erfahrung dafür haben." Die mittlerweile eingeführte Korruptionsstaatsanwaltschaft wurde ebenso eingemahnt.

Bei den Politikern wiederum stieß den Abgesandten des Europarates unangenehm auf, dass es keine klaren Regelungen für die Aufhebung der Immunität gibt.

Für Innenministerin Fekter ist die Kritik am politischen Druck auf die Exekutive nicht recht überzeugend. "Es 'scheint', es wird ,wahrgenommen' sind keine stichhaltigen Beweise. Ganz klar mitgewirkt an diesem Eindruck hat der Untersuchungsausschuss. Ich halte den Eindruck für falsch", sagt die Ministerin im Gespräch mit dem Standard. Er hänge "klar" mit dem Untersuchungsausschuss zusammen - der war allerdings erst nach dem Besuch der Delegation.

Den Vorwurf der mangelnden Unabhängigkeit des BIA sieht sie ebenso gelassen. "Die Weisungsfreiheit per se ist kein Garant für Korruptionsfreiheit. Ein Minister steht unter viel stärkerer Kontrolle durch die Opposition und die Medien als der Leiter irgendeiner versteckten Behörde", argumentiert Fekter. Das geplante Bundesamt für Korruptionsbekämpfung werde daher "sicher zum Innenministerium gehören".

Während von den politischen Parteien bis Freitagnachmittag jegliche Reaktion ausblieb, nimmt BIA-Chef Martin Kreutner zu dem Papier im Standard Stellung. "Es ist ein sehr fundierter Bericht, der nach einer Standardevaluierung durchgeführt worden ist." Es gäbe positive Aspekte, aber "in manchen Punkten sind noch Hausaufgaben zu machen". Ob damit auch eine Weisungsfreiheit für das künftige Bundesamt und die Anti-Korruptions-Staatsanwälte gemeint sei? "Das muss die Politik entscheiden, aber derartige Behörden brauchen eine gewisse Unabhängigkeit." (Michael Möseneder/DER STANDARD Printausgabe, 20./21. Dezember 2008)