Im Mai stellt sich die grün-rote ÖH-Koalition der Wiederwahl. Die Wahlkampfkonzepte stehen. Nun hofft die ÖH auf eine Erhöhung der Wahlbeteiligung von 28 auf bis zu 50 Prozent. Viele Studenten sind aber noch unentschieden: Sollen sie wählen oder doch nicht?

Zwischen 20. und 22. Mai 2003 werden in- und ausländische Studierende der Universitäten, Pädagogischen Akademien und Privatuniversitäten zu den Urnen gebeten. Gewählt werden Studierendenvertreter auf den Ebenen der Studienrichtungsvertretung, Universitätsvertretung, Bundesvertretung und an den größeren Universitäten auch die Fakultätsvertretung. Die Wahlbeteiligung ist traditionell niedrig, 2001 nahmen von den rund 200.000 Studenten weniger als 28 Prozent ihr Wahlrecht in Anspruch.

Desinteresse

Die Begründungen für das geringe studentische Interesse an der ÖH-Wahl sind vielfältig. Gerald Folly vom Liberalen Studenten Forum führt das Desinteresse auf die Zwangsmitgliedschaft zurück: "Viele Leute sind angefressen, da sie zahlen müssen und nichts dafür bekommen." Die derzeitige ÖH-Spitze, eine Koalition aus Grünen und Alternativen StudentInnen (GRAS) und dem Verband Sozialistischer StudentInnen (VSStÖ), ortet andere Gründe für die Wahlmüdigkeit. Durch die langjährige Politik der Aktionsgemeinschaft (AG) sei "die ÖH zum Servicebetrieb verkommen, dafür brauche man nicht zu wählen", erläutert ein ÖH-Sprecher.

Aufgrund der seit Einführung der Studiengebühren um ein Fünftel reduzierten Studentenzahl und der Eliminierung von "Karteileichen" wird heuer aber mit einer deutlich höheren Wahlbeteiligung gerechnet. ÖH-Schätzungen rechnen mit bis zu 50 Prozent.

In einer nicht repräsentativen Umfrage des UNISTANDARD unter 20 Studierenden gaben 62 Prozent der Befragten an, die universitären Wahlurnen aufsuchen zu wollen. Allerdings wussten mehr als vier Fünftel der Befragten gar nicht, wann die ÖH-Wahlen sind. "Da kenn' ich mich doch viel zu wenig aus", meint etwa Martin von der TU-Wien. Er repräsentiert damit fast 95 Prozent der befragten Studierenden, die ebenfalls meinen, keinerlei Kompetenz in der Hochschulpolitik zu haben. "Das kommt daher, weil die Studierenden ein völlig falsches Bild von Politik haben und deshalb nichts mit ihr zu tun haben wollen. Für den Großteil scheint Politik immer noch Parteipolitik zu sein und nichts, was mit ihrem Privatleben zusammenhängt", meint Florian, Studienrichtungsvertreter an der Kunstuni Linz.

Heidi, Dissertantin an der Uni Graz, nennt einen anderen Grund für das allgemeine Desinteresse an der Hochschulpolitik: "Ich habe nicht das Gefühl, dass sich die ÖH wirklich für mich eingesetzt hat. Mir fielen die ÖH-Leute nur auf, indem sie herumgesessen sind und Kaffee getrunken haben."

Ein Drittel der Befragten zeigte sich gänzlich unzufrieden mit der ÖH-Politik. Aber diese allgemeine Unzufriedenheit ist nicht überall gleich: An der WU Wien und an der Uni für Bodenkultur werden Engagement und Kompetenz der dortigen Studentenvertretung sehr gelobt. Boku-Studentin Irene: "Ja, ich bin absolut zufrieden mit der ÖH. Ich habe bis jetzt noch jede Information von ihr bekommen, die ich haben wollte."

Zufrieden ist auch die Bundesvorsitzende der ÖH, Andrea Mautz (VSStÖ), mit ihrer Arbeit. "Wir haben den Servicebereich ausgebaut, Gesellschaftspolitik betrieben und bei der Unireform eine gute Mischung aus Protest und Verhandlungen gefunden," sagt sie dem STANDARD. In Fragen der Mitbestimmung, Evaluierung, Finanzierung und der Ausgliederung der Medizinuniversitäten blieben die Forderungen der Studentenvertreter aber großteils ungehört, gesteht die Bundes-ÖH-Führung frustriert.

Purzelbaum schlagen

GRAS, VSStÖ und KSV treten indes weiter gegen "unsoziale" Studiengebühren ein. "Der Worst Case ist ein Bildungssystem wie in den USA", sagt ÖH-Chefin Anita Weinberger (GRAS). Weinberger kritisiert diesbezüglich die Zusammenarbeit mit der Regierung: "Im Rahmen der ÖH lässt sich viel machen, wenn die Regierenden aber nicht wollen, können wir Purzelbäume schlagen."

(UNI-STANDARD, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 4.3.2003)