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Schritte zur Internationalität: An der FH Oberösterreich sollen Studenten- wie Professoren-Mobilität in den kommenden Jahren gesteigert werden.

Foto: Corbis

Standard: Die FH Oberösterreich mit den Standorten Hagenberg, Linz, Wels und Steyr hat über 100 Partneruniversitäten. Was versprechen Sie sich von so einer hohen Zahl?

Reisinger: Diese Zahl ergab sich zum einen aus unserem Auftrag "Going International" , im Rahmen dessen die Professorinnen und Professoren "Favoriten" nominieren durften. Wir werden jetzt aber einbremsen und selektieren, in welche Regionen wir verstärkt gehen wollen.

Zum anderen ist das Ganze auch eine logische Konsequenz der Bologna-Architektur. Durch die Individualisierung der Curricula benötigen wir ein breites Feld an Universitäten, um Studierende austauschen zu können. Eine gute Ausrichtung wäre natürlich - und das zeichnet sich in der Stoßrichtung der Ministerien ja auch ab -, dass man bei den Anrechnungen nicht so überkorrekt vorgeht.

Standard: Nützen Ihre Studenten dieses Angebot?

Reisinger: In Steyr zum Beispiel, hier zählen wir 800 Studierende, sind zurzeit rund 150 für ein Auslandssemester bei einem internationalen Partner.

Standard: Zurzeit zählen Sie bei insgesamt 4200 Studierenden 78 Incomings ...

Reisinger: Hier wünsche ich mir in den nächsten zwei Jahren eine Verdoppelung - von Incomings, wie auch Outgoings. Das heißt für uns, dass wir ECTS-kompatible englischsprachige Lehrgänge - vor allem Master-Lehrgänge - anbieten müssen.

Zurzeit sind wir noch nicht so weit. Ich kann mir aber vorstellen, dass wir in den nächsten fünf Jahren pro Fakultät drei bis vier englischsprachige Studien zur Verfügung zu stellen. Mein Ziel ist es, ein weltoffenes Klima zu schaffen. Ich möchte den Studierenden Offenheit und die Bereitschaft zur Mobilität mitgeben. Auch aus diesem Grund ist uns die Durchmischung am Standort so wichtig. Jene, die hinausgehen, bringen bei ihrer Rückkehr diesen Flair in den Standort hinein.

Standard: An welchen Punkten arbeiten Sie noch?

Reisinger: An der Mobilität der Professorinnen und Professoren. Die sollte erhöht werden. Unter anderem erarbeiten wir dazu Sabbatical-Konstruktionen, im Rahmen derer sie zum Beispiel ein halbes Jahr freigestellt werden und diese Zeit an einer anderen Uni oder in einem Industriebetrieb verbringen können.

Standard: Wie mobil sind Ihre Professoren derzeit?

Reisinger: Dieser Punkt ist verbesserungswürdig. Ich schätze, im Jahr - gelegentliche Gastvorlesungen nicht eingerechnet - habe ich von insgesamt 170 drei oder vier, die über einen längeren Zeitraum weg sind.

Standard: Kommen wir zur Forschungsfinanzierung ...

Reisinger: Derzeit stehen wir in einer Phase, in der der FH-Sektor grundsätzlich eine Basisfinanzierung benötigt. Jene Mittel, die der Sektor bis jetzt erhalten hat, mussten für einzelne Forschungsprojekte in einer Wettbewerbssituation erkämpft werden. Was ja grundsätzlich nicht schlecht ist.

Aber: Um eine nachhaltige Forschung implementieren zu können, wird es notwendig sein, einen gewissen Sockelbetrag dafür sichergestellt zu bekommen.

Standard: Wie viel steht Ihnen derzeit zur Verfügung?

Reisinger: Wir machen derzeit ein Volumen von rund acht Millionen Euro. Als wir 2004 gestartet sind - hier nehme ich Hagenberg aus, weil dort seit 1995/96 in die Forschung investiert wurde -, lagen wir zwischen 500.000 und einer Million Euro. 2004 lag das Ziel für 2010/11 bei zehn Millionen Euro. Das war aus der damaligen Sicht realistisch.

Standard: Fühlen Sie sich, was Ihre Forschungsaktivitäten betrifft, zu stark von der Wirtschaft abhängig?

Reisinger: Ich sehe den Sektor, und speziell die FH Oberösterreich, in der anwendungsorientierten Forschung. Die Orientierung der Forschung an der Industrie ist Teil unserer Corporate Identity, wenn Sie so wollen.

Was aber nicht heißt, dass die Industrie uns diktiert, was wir forschen sollen. Ich sehe es aber als die Aufgabe einer Bildungsinstitution, sich an den Gegebenheiten der Gesellschaft und der Wirtschaft eines Landes zu orientieren. Das darf aber wissenschaftliche Autonomie nicht ausschließen. Alles andere wäre eine künstliche Diskussion.

Standard: Könnten Sie im Fall der Fälle ausreichend hochkarätige Forscher an Ihre Standorte bringen?

Reisinger: Verglichen mit dem MIT sind wir weit davon entfernt, in einer Topliga zu spielen. Ich denke aber sehr wohl, dass wir exzellente Leute kriegen.

Standard: Warum?

Reisinger: Weil ich noch immer glaube, dass es bei uns Spaß macht, zu arbeiten. Die Leute haben genug Freiheiten, die sie benötigen, um erfolgreich zu sein. Wenn wir dafür mit Geld in einen Wettbewerb treten wollen, werden wir aber nur zweiter Sieger sein. Die Universitäten müssen auf internationale 16-Ender losgehen. Das brauchen wir aber - so glaube ich - gar nicht.

Wenn Sie in ein Unternehmen - von einigen internationalen Großkonzernen abgesehen - reingehen, werden Sie dort auch keine internationalen Top-Shots finden. Der normale Durchschnittseigentümer hat gute Leute, die er aus seinem Umfeld rekrutiert.

Standard: Was erwarten Sie sich von der neuen Regierung?

Reisinger: Ich wünsche mir, dass die Basisfinanzierung für die Forschung sichergestellt ist. Ich wünsche mir, dass der Entschließungsantrag im Nationalrat, die Valorisierungsmittel betreffend, tatsächlich in die Realität umgesetzt wird. Die Bundesmittel für Studienplätze wurden seit 15 Jahren nicht valorisiert. Wenn diese Maßnahme nicht umgesetzt wird, werden wir in massive finanzielle Schwierigkeiten schlittern. Und: Ich wünsche mir, dass Bildung tatsächlich jenen Stellenwert in der Gesellschaft bekommt, der ihr in diversen Ansprachen zugemessen wird - mit allen damit verbundenen Maßnahmen.