Wien - Die Grünen fordern ein NS-Aufhebungsgesetz, denn: Noch immer seien nicht alle NS-Justizopfer rehabilitiert. "Dieser Umstand zeigt einen schlampigen Umgang Österreichs mit seiner Geschichte" , so Justizsprecher Albert Steinhauser im Standard-Gespräch. Im Jänner wird er im Nationalrat einen Gesetzesentwurf vorlegen.

Vor allem zwei Lücken soll das neue Gesetz schließen: Nach wie vor würden die Verurteilungen Homosexueller sowie die Beschlüsse zur Zwangssterilisation der NS-Erbgesundheitsgerichte gelten. Eine Generalklausel soll außerdem dafür sorgen, dass etwaige andere NS-Unrechtsurteile ebenfalls aufgehoben und die Wehrmachtsdeserteure explizit als rehabilitiert genannt werden. "Es fehlt das klare Zeichen, dass das Unrechtsurteile waren" , sagt Steinhauser.

Urteile wie jenes gegen Hermine B, ein Schicksal, das Steinhauser als exemplarisches Beispiel vorlegt. Frau B. war 21 Jahre alt, als sie im Jahr 1941 wegen des Verdachts der Geheimprostitution in die "Wiener Arbeitsanstalt für asoziale Frauen und Mädchen" eingewiesen wurde. Als "unverbesserliche Prostituierte" und "rückfallgefährdet" denunziert, ordneten NS-Richter und Ärzte des NS-Erbgesundheitsgerichts Wien ihre Zwangssterilisation an.

Hermine B. ist eine von mindestens 400.000 Männern und Frauen, die zwischen 1934 und 1945 zwangssterilisiert wurden (in Österreich circa 6000). Nach 1945 gab es weder eine öffentliche Entschuldigung, noch einen Versuch einer symbolischen Wiedergutmachung. Erst 2005 erfolgte die explizite Anerkennung von Zwangssterilisation in der Opferfürsorge als Form der NS-Verfolgung. Was blieb, ist aber der Beschluss des NS-Erbgesundheitsgerichtes.

Ob das neue Gesetz angenommen wird, hängt von der SPÖ ab, glaubt Steinhauser: "Die Frage ist, ob sie die ÖVP überzeugen kann." (Peter Mayr/DER STANDARD Printausgabe, 20./21. Dezember 2008)