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Zur Person

Riyad al-Malki, der an der Nahostkonferenz in Wien teilnahm, ist Außenminister der Fatah-Regierung im Westjordanland.

Foto: AP /Jacques Brinon

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Hamas-Kämpfer in Gaza. Der sechsmonatige Waffenstillstand zwischen Israel und der in Gaza regierenden Hamas endete Freitag. Erste Raketen schlugen bereits in Israel ein, verletzt wurde niemand.

Foto: Reuters/Ibraheem Abu Mustafa

Am Freitag endete der Waffenstillstand im Gazastreifen. Sollte die Hamas ihn nicht erneuern, droht eine massive Eskalation, sagte der palästinensische Außenminister Riyad al-Malki zu András Szigetvari.

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STANDARD: Der Waffenstillstand zwischen Israel und der Hamas ist zu Ende. Sehen Sie eine Chance auf ein neues Abkommen?

Malki: Um der Palästinenser willen muss der Waffenstillstand fortgeführt werden. Wenn die Hamas den Waffenstillstand wirklich längerfristig beendet, ist das Selbstmord. Das wird die palästinensischen Zivilisten im Gazastreifen der totalen Zerstörung ausliefern, denn die Hamas kann das Leben der Menschen nicht schützen. Ich habe aber ein Problem mit dem Wort Waffenstillstand: Das klingt so, als ob es da zwei gleiche Armeen gäbe. Wir reden aber über eine israelische Besatzungsmacht, die über die viertstärkste Armee der Welt verfügt.

STANDARD: Wobei auch die Hamas über Mittel verfügt, Israel zu treffen.

Malki: Natürlich. Jeder kennt diese Mittel: Es sind primitive Raketen, die im Endeffekt öfter auf palästinensischem Land als auf israelischem landen und mehr Palästinenser als Israelis töten.

STANDARD: Die Hamas regiert Gaza, die Fatah das Westjordanland, die Palästinenser sind weiter gespalten. Die Zeit arbeitet gegen die Fatah: Am 9. Jänner endet die Amtszeit von Palästinenserpräsident Abbas. Die Hamas droht, ihn dann nicht mehr anzuerkennen.

Malki: Was Sie wiedergeben, ist die Position der Hamas. Wir sagen etwas anderes: Die palästinensischen Parlaments- und Präsidentschaftswahlen müssen laut Wahlgesetz gleichzeitig stattfinden. Die nächsten Parlamentswahlen sind 2010 angesetzt, erst dann endet die Amtszeit des Präsidenten. (Die Hamas dagegen beruft sich auf einen Verfassungspassus, wonach die Amtszeit des Präsidenten jedenfalls nur vier Jahre dauert, Anm.). Daher ist der 9. Jänner für uns ein Tag wie jeder andere. Was will die Hamas auch machen: Zusätzlich zu ihrer illegalen Regierung einen illegalen Präsidenten ernennen? Abbas hat aber gesagt, dass er jederzeit bereit ist, Neuwahlen auszurufen. Dafür muss aber die Hamas den Dialog mit uns weiterführen.

STANDARD: Im Jänner tritt in den USA Präsident Barack Obama an. Was muss er tun, damit die Palästinenser mit ihm zufrieden sind?

Malki: Er darf nicht wie seine Vorgänger Bush und Clinton sieben Jahre warten, bis er sich im Nahen Osten engagiert. Die USA müssen sich nun in den Verhandlungsprozess mit den Israelis direkt einschalten, die dürfen uns nicht der Gnade der Israelis überlassen.

STANDARD: Sie sprechen die vor einem Jahr in Annapolis begonnenen Verhandlungen an, bei denen Israelis und Palästinenser sich ohne Einmischung Dritter einigen sollten.

Malki: Es ist an der Zeit zurückzuschauen und zu sehen, was an Annapolis funktioniert hat und was nicht. Man sollte immer einen frischen Neustart nehmen. Es muss ein Annapolis II geben. Die neue US-Regierung muss die Vorschläge einbringen, um den Prozess wieder zu aktivieren - wenn nicht im Rahmen von Annapolis II, im Rahmen der Vereinten Nationen oder wo auch immer.

STANDARD: Es wird aber befürchtet, dass Obama sich eher auf die Finanzkrise, Irak und Afghanistan konzentriert als auf den palästinensisch-israelischen Konflikt.

Malki: Darüber sind wir besorgt. Aber der Nahe Osten kann der Kernfaktor für Stabilität oder Instabilität sein. Daher muss man verstehen, dass niemand diesen Konflikt ignorieren kann. Denn sonst wird man später feststellen, dass dafür ein Preis zu bezahlen ist.  (DER STANDARD, Printausgabe, 20./21.12.2008)