Wien - Ein Mittagessen mit Dmitri Rogosin ist keine leichte Sache. Der für seine scharfzüngigen, oft eigenwilligen Äußerungen bekannte russische Botschafter bei der Nato in Brüssel saß am Freitag mit Jaap de Hoop Scheffer, dem Generalsekretär der Allianz, zu Tisch. Das informelle Essen, so hieß es, sollte als Warmmacher für den Nato-Russland-Rat dienen. Auf den Tag vier Monate war es her, dass die Nato im Gefolge des Georgienkriegs ihre Arbeitsbeziehungen mit Russland ausgesetzt hatte. Die Nato habe nun Gelegenheit, ihre Irrtümer zu korrigieren, merkte Rogosin an.

Das Neuarrangement der Ost-West-Beziehungen läuft zäh, das schwierigste Kapitel spielt aber wohl derzeit in Wien. Am Sitz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) beraten Diplomaten nun fast täglich über ein neues Mandat der OSZE-Mission in Georgien, mit 200 Mitarbeitern die zweitgrößte Vertretung der Organisation nach jener im Kosovo. Vordergründig geht es um eine Verlängerung der Mission, die am 31. Dezember endet, tatsächlich aber um Russlands Machtanspruch. Der Streitpunkt: Moskau will, dass die OSZE-Staaten die georgischen Separatistenprovinzen Abchasien und Südossetien in der einen oder anderen Weise als unabhängige Staaten anerkennen. Kein Gedanke, sagen die anderen 55 Länder.

Entscheidung im Konsens

Drei informelle Beratungsrunden diese Woche zwischen sieben Staaten - USA, Russland, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, das amtierende Vorsitzland Finnland und das kommende, Griechenland - und die regelmäßige Sitzung des Ständigen Rats der Botschafter am Donnerstag haben das Problem nicht gelöst. Die Finnen, so heißt es aus Diplomatenkreisen, hoffen, dass es wenigstens zum Beschluss für eine technische Verlängerung der Mission um drei Monate kommt. Am Montag oder Dienstag müssten die Botschafter darüber abstimmen. Entscheidungen dieser Art können in der OSZE aber nur im Konsens fallen. Offen ist, ob sich Russland zu einer solchen Aufschiebung bereitfindet.

Ein denkbarer Weg, um die Frage einer Anerkennung zu umschiffen, wäre die Ernennung eines Sonderbeauftragten für die "Konfliktgebiete". Das neue Mandat der OSZE-Mission in Georgien würde seine Aufgaben beschreiben: humanitäre Erleichterungen und demokratische Entwicklung in Abchasien, Südossetien und in den "Pufferzonen" im georgischen Kernland unterstützen. Vor allem die Sicherheitslage in Südossetien ist ein blinder Fleck für die USA und die EU. "Wir wissen nicht, was dort vor sich geht", sagt ein Diplomat. (Markus Bernath/DER STANDARD, Printausgabe, 20./21.12.2008)