Wien - Wer eingesperrt ist, unternimmt meist "alles, was er kann, um seine Freiheit wiederzuerlangen", meint Georg Bürstmayr, Anwalt und Leiter einer Kommission des Menschenrechtsbeirats. Die niedrige Zahl an Beschwerden von Asylwerbern und anderen Fremden gegen die Verhängung von Schubhaft sei dem Beirat, der die Arbeit der Exekutive kontrolliert, daher erklärungsbedürftig erschienen: 2007 standen 6969 Schubhaftverhängungen nur 630 Haftbeschwerden gegenüber.

Nach dem Einholen von Informationen aus den Polizeianhaltezentren, nach vier Sitzungen und dem Abfassen eines Berichts, der am Freitag vorgestellt wurde, kam der Beirat zu dem Schluss: "Schubhäftlinge in Österreich wissen um ihre Rechte nicht in ausreichendem Maß Bescheid." Weil sie keinen Zugang zu kostenloser Rechtsberatung hätten. Und weil die schriftliche Info, dass ihr Schubhaftbescheid rechtlich bekämpft werden kann, in diesem Papier nur auf Deutsch stehe - welches sie meist nicht beherrschten.

Das müsse sich ändern, forderte daher der Leiter der zuständigen Beirats-Arbeitsgruppe, Reinhard Klaushofer. Die Rechtsmittelbelehrung sei immer zu übersetzen, den Betroffenen sei bei jeder Einvernahme ein Dolmetsch zur Seite zu stellen. Drittens sollten in den Schubgefängnissen endlich die angekündigten "Info-Automaten" mit Kurzvideos über den Zugang zu Rechtsberatung aufgestellt werden - Rechtsberatung, die dann natürlich auch anzubieten sei.

"Diese Kritik kann ich nicht akzeptieren. In den Wiener Polizeianhaltezentren wurden Punkt eins und zwei bereits umgesetzt", meldete sich daraufhin Wilfried Kovarnik, Leiter der verwaltungspolizeilichen Abteilung und der Fremdenpolizei in der Bundeshaupstadt, zu Wort. "Unserem Wissensstand zufolge wurden solche Verbesserungen in Wien zwar diskutiert, aber noch nicht umgesetzt", widerspricht hier Klaushofer. (Irene Brickner/DER STANDARD, Printausgabe, 20. Dezember 2008)