"Heimliche Gespräche belauschen", verspricht der Beipacktext zum "Hörspion" - Überwachungsspielzeug ist ein Renner im Weihnachtsgeschäft - Diese fahrende Kamera wird für Kinder ab sechs angeboten

Foto: DER STANDARD/Christian Fischer

Wien - Richtmikrofon, Abhörspion, Infrarotfalle, Laseralarm und GPS-Ortungsgeräte - was heuer unter vielen Weihnachtsbäumen liegen wird, könnte so manche Observationsgruppe der Polizei vor Neid erblassen lassen. Die Spielzeugindustrie setzt heuer verstärkt auf Überwachung im Kinderzimmer. Offizielle Verkaufszahlen gibt es noch nicht, doch im Einzelhandel wird versichert, dass das Spionagegeschäft für Nachwuchsagenten sehr gut gehe.

Die deutsche Firma Märklin, seit 150 Jahren Weltmarktführer bei Modellbahnen, hat erst vor kurzem die Spy-Tec-Serie auf den Markt gebracht. Highlight um 135 Euro ist ein ferngesteuertes Minikettenfahrzeug mit schwenkbarer Kamera, die Videobilder an eine Bildschirmbrille funkt. "Kinder lieben es, wie echte Profis Alarmsysteme zu installieren, Geheimnisse auszukundschaften und andere auszutricksen", ist Märklin-Sprecher Roland Gaugele überzeugt. Auch der Kosmos-Verlag liefert für seine Rätselgeschichten die richtige Ausrüstung: "Mit dem Hörspion gelangen Nachwuchsdetektive bei der Verfolgung von Zielpersonen an geheime Informationen."

In der Spielzeugwelt hat High- tech längst Hampelmänner abgelöst, doch den neuen Trend zu Überwachungsgeräten hält Monika Pinterits von der Wiener Kinder- und Jugendanwaltschaft für bedenklich. "Die Botschaft für die Kinder lautet: Jeder kann jederzeit gesehen und gehört werden", meint Pinterits im Gespräch mit dem Standard. Und vor allem im Familienbereich kratze das an der innersten Privatsphäre. Dass die Spielzeugindustrie auf das generell immer deutlicher werdende Phänomen der Überwachung aufspringe, wundere sie nicht. "Eigentlich müsste das ja die Innenministerin sehr freuen", meint Pinterits.

Mission Impossible

Auch Hans G. Zeger von der Arge Daten, einer der aktivsten Kontrollkritiker des Landes, spricht von einer "Zeiterscheinung". "In einer verunsicherten Welt sind die Menschen beruhigt, wenn sie andere überwachen können", so Zeger. Die Politik werde ja nicht müde, zu behaupten, dass die öffentliche Ordnung ohne Überwachungskameras und Datenbanken nicht mehr aufrechterhalten werden könne. Und im Besonderen bei jungen Menschen täten Kinokassenschlager wie "Mission Impossible" ihr Übriges dazu. "Geheimagent spielen ist eben cool", so Zeger. Deshalb wolle er das Hightech-Spielzeug auch nicht überbewerten. "Spionage-Games hat es schon immer gegeben, und irgendwann waren sie auch immer wieder out", meint der Arge-Daten-Geschäftsführer.

Mit einem sollten Eltern aber rechnen, meint Zeger: dass sie wohl als Erste von den eigenen Kindern ausspioniert werden. (Michael Simoner/DER STANDARD, Printausgabe, 20. Dezember 2008)