Wien - Wiens Kardinal Christoph Schönborn verspürt in seiner Erzdiözese die Bereitschaft, 100 verfolgte Christenfamilien aufzunehmen, eine davon in seiner Wohnung im erzbischöflichen Palais. In der ORF-„Pressestunde" hat Schönborn die Regierung aufgefordert, sich mit den Opfern der religiösen Unruhen solidarisch zu zeigen.

Am Montag will Schönborn das im ersten Gespräch mit Bundeskanzler Werner Faymann ansprechen. Faymann hatte seine politische Karriere 1983 mit Protesten gegen den Besuch des von Schönborn geschätzten Papstes Johannes Paul II. begonnen.

Kirche leidet nicht

Weitere Themen waren die Wirtschaftskrise und die Situation der österreichischen Kirche. Diese hat nach Schönborns Angaben unter der Finanzkrise kaum gelitten, weil sie eine konservative Anlagestrategie verfolgt hat - andere Anleger und Arbeitnehmer aber hätten viel verloren und kämen nun womöglich „unter das bergende Dach der Kirche", weil hier Hoffnung und Vertrauen gepredigt werden.

Die „Maria Troster Erklärung", in der Österreichs Bischöfe die Empfängnisverhütung (mit gewisser Distanz zur Enzyklika „Humanae Vitae") vor 40 Jahren als Gewissensfrage eingestuft haben, sieht der Kardinal zwiespältig: Zwar sei die Gewissensentscheidung immer die höchste Distanz, doch hätten die Bischöfe wohl anders formuliert, wenn sie die demografische Entwicklung vorausgesehen hätten. Praktizierende Katholiken hätten sich diesbezüglich nichts vorzuwerfen - mit durchschnittlich 2,66 Kindern reproduzieren sie sich stärker als die Gesamtbevölkerung mit 1,4 Kindern. (cs, DER STANDARD, Printausgabe, 22.12.2008)