Gibt es ein Leben nach der Ratspräsidentschaft für Nicolas Sarkozy? Im Prinzip ja - als Präsident einer Art europäischen Wirtschaftsregierung. Frankreichs Staatschef hat es sich auch bei seinem letzten Auftritt als EU-Ratspräsident im Straßburger Parlament nicht verkneifen können, auf seinem Steckenpferd herumzureiten: "Europa tritt in eine sehr schwere Wirtschaftskrise, und es wäre ein großer Irrtum, nicht mehr über die Wirtschaft zu reden."

Als Präsident der Gruppe der Euro-Länder, eine Funktion, die derzeit schon mit dem luxemburgischen Premier- und Finanzminister Jean-Claude Juncker besetzt ist, könnte Sarkozy gut über die sich zusammenballenden innenpolitischen Probleme in Frankreich hinwegregieren. Der Tick mit der Schulter ist dabei in den vergangenen sechs Monaten noch ausgeprägter geworden. Sarkozy dreht vorzugsweise die rechte Schulter kurz im Kreis, wenn er zum Sprechen ansetzt. Boxer tun das, um den Schlagarm zu lockern. Die Zuhörer wissen dann, was kommt: So, Freunde, ich sag euch jetzt einmal, wie das hier läuft.

Regierungsumbildung kommt

Nicolas Sarkozy, im Mai 2007 gewählt, hat noch nicht einmal die Halbzeit seines Mandats erreicht und sucht schon nach einem zweiten Anlauf, dem "second souffle". 169.000 Arbeitsplätze werden bis Mitte 2009 in Frankreich verlorengehen, so hat das Statistikamt errechnet, die Wirtschaft bis dahin um 1,1 Prozent geschrumpft sein, und das alles trotz einer staatlichen Finanzspritze von 43 Milliarden Euro. Erstmals hat ein Minister unter Sarkozy ein umfangreiches Spar- und Reformprogramm unter dem Druck der Straße schlicht aufgegeben.

150.000 protestierende Schüler zwangen Bildungsminister Xavier Darcos in die Knie. Eine Regierungsumbildung steht nun für Jänner an. Justizministerin Rachida Dati dürfte gehen, ebenso die Staatssekretärin für Menschenrechtsfragen, Rama Yade. Die eine macht zu viel Lärm, die andere ist zu rebellisch. Regieren aber soll nur einer - Nicolas Sarkozy. (mab/ DER STANDARD Printausgabe, 22.12.2008)