Das Schulterklopfen des britischen Premiers Gordon Brown wird dem kommenden EU-Ratspräsidenten, Tschechiens Regierungschef Mirek Topolanek, vergangene Woche in London gutgetan haben. Und das nicht nur wegen der jüngst wieder lautgewordenen Zweifel aus Paris, ob die Tschechen das halbe Jahr an der Spitze das Kind Union überhaupt schaukeln können.

Kein Wunder, denn die Schwerpunkte der tschechischen Präsidentschaft können von den Briten praktisch jederzeit unterschrieben werden. So wollen sich die Tschechen für eine diversifizierte Energiepolitik einsetzten und dabei die Abhängigkeit von Russland senken. Aus diesem Grund will Prag den Bau der Gaspipeline "Nabucco" unterstützen, die Erdgas unter der Umgehung Russlands vom Kaspischen Meer nach Europa liefern soll. Die von der OMV federführend vorangetriebene "Nabucco" soll gemäß Topolanek zu einem Projekt oberster Priorität werden, was aber angesichts der gegenwärtigen Finanzkrise und der von Russland gesteuerten Pipeline-Konkurrenzprojekte ("Northstream" und "Southstream") schwierig werden könnte.

Ein weiteres, ebenfalls in Richtung Osten zielendes Vorhaben Prags soll das Aufgreifen der erst Anfang Dezember von der Kommission beschlossenen Partnerschaft mit Ländern Osteuropas (Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Moldau, der Ukraine und Weißrussland) werden. Die tschechische Außenpolitik ist schon seit Jahren in Sachen Weißrussland und Moldau aktiv, in der neuen östlichen Dimension der europäischen Außenbeziehungen könnte auf einem Gipfeltreffen der EU mit diesen Staaten ein erster Schritt unternommen werden.

Letztlich wird wohl aber für Erfolg oder Misserfolg der ersten tschechischen EU-Ratspräsidentschaft Topolaneks Stärke in innenpolitischen Angelegenheiten entscheidend sein. Er regiert seit gut drei Jahren ohne stabile Parlamentsmehrheit, gilt als guter Verhandler und politischer Überlebenskünstler, doch ein von ihm angestrebter Nichtangriffspakt mit den oppositionellen Sozialdemokraten liegt außer Reichweite. Dazu ist der Preis, den die Opposition für eine problemlose Präsidentschaft verlangen, in Topolaneks Augen zu hoch - nämlich vorgezogene Neuwahlen im Herbst kommenden Jahres.

Ebenfalls fraglich ist auch das Verhalten von Tschechiens europaskeptischem Präsidenten Václav Klaus während der Präsidentschaft. Er könnte zum Beispiel die Ratifizierung des von ihm abgelehnten Lissabon-Vertrags blockieren, indem er die Unterzeichnung des Vertragstextes verzögert. In diesem Fall wäre, laut einigen tschechischen Verfassungsjuristen zumindest, der Vertrag für das Land auch dann nicht verbindlich, wenn vorher beide Kammern des Parlaments dafürstimmen würden. (Robert Schuster aus Prag/ DER STANDARD Printausgabe, 22.12.2008)