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Nach mehr als einem Jahr hat ein ÖSV-Abfahrer wieder alle überragt. Es war wieder Michael Walchhofer. Es war wieder in Gröden.

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Gröden - Stets gleiche Bedingungen herrschen, beispielsweise, in einem guten Weinkeller. Am Berg hingegen ist mit Abwechslung zu rechen. "Sicher hat das Wetter wieder eine Rolle gespielt. Die Bedingungen waren nicht bei allen gleich" , sagte Michael Walchhofer (33), nachdem er die Abfahrt auf der Saslong gewonnen, seine und also auch die rund einjährige Sieglosigkeit der Österreicher in dieser Disziplin beendet hatte.

"Wir dürfen uns doch nicht nur aufregen über die Verhältnisse, wenn andere gewinnen" , merkte Toni Giger an, ÖSV-Chefcoach der männlichen Abteilung, und regte sich quasi für Aksel Lund Svindal auf: "Svindal hatte überhaupt keine Chance." Im Gegensatz zum Freitag, als wechselnde Winde im Super-G umgerührt hatten, dem Südtiroler Werner Heel den Sieg gönnten, Svindal Platz 28 und Walchhofer Platz 40, spielte am Samstag bei der Abfahrt leichter Schneefall eine Rolle. Vor allem bei Svindal, denn der Norweger startete als 16. nach einer Werbepause, die Piste war leicht angezuckert, und das bremst. Svindal wurde 34. "Wir werden anregen" , sagt Giger, "dass man in der Werbepause Vorläufer runterschickt."

Siegen will gelernt sein

Global gesehen setzen sich trotz Wind und Schnee die Besten durch. Und Österreichs Bester in dieser Übung ist einfach Walchhofer. Der Zauchenseer, Weltmeister 2003, hält bei insgesamt 14 Weltcupsiegen, einer davon gelang im Super-G, einer in der klassischen Kombination, einer in der Superkombi. "Ich bin mehr für Österreich gefahren als sonst" , packt Walchhofer den Patrioten aus. "Ich habe an die Mannschaft gedacht. Es ist zwar nicht tragisch, wenn man ein Jahr nicht gewinnt. Aber die Abfahrt ist die Disziplin mit dem meisten Prestige, da sollten wir mehr gewinnen."
Das ist eine Art majestätischer Plural, denn für die jüngsten fünf ÖSV-Abfahrtssiege zeichnet ausschließlich Walchhofer verantwortlich. Und zuvor, im Jänner 2006 in Garmisch, war Hermann Maier der Zuständige.

Wenn es also eine Krise im Abfahrtsteam gibt, dann gibt es sie weiter, daran kann auch der Triumph des Routiniers nichts ändern. "Es ist nur eine Frage der Zeit" , so Walchhofer, "bis Klaus Kröll seine erste Abfahrt gewinnt." Der 28-jährige Steirer landete in Gröden auf Platz sechs. "Wir haben in der Abfahrt derzeit nur einen Siegläufer" , konzediert Giger, "aber Kröll ist auf dem Weg, und Maier ist noch nicht dort, wo er im Super-G ist." Der Trainer verweist auf drei verletzte Hoffnungsträger, auf Hans Grugger, Mario Scheiber und Andreas Buder. Grugger, der bislang zwei Abfahrten und zwei Super-G erbeutete, gibt zum Jahresabschluss bei der Abfahrt in Bormio sein Comeback.

"Wir sind verwöhnt von gewissen Jahren" , so Giger. Es habe seitdem auch schwache Jahrgänge gegeben. Und zur Kritik von Maier und Walchhofer, die meinten, die Jungen werden zu sehr verwöhnt, sagt er nur: "Ich mache bei diesem Pingpong-Spiel nicht mit." Es gebe völlig unterschiedliche Erfolgsgeschichten. "Alberto Tomba war ein Millionärssohn, Walchhofer in der Abfahrt ein Spätstarter. Der Skisport hat viele Facetten." Giger spricht von hoffnungsvollen Nachwuchsfahrern der Jahrgänge 1988 und aufwärts. Und die müsse man langsam aufbauen, dürfe sie nicht verheizen." Ob was daraus wird, werde man sehen. "Ein Trainer sollte keinen Propheten spielen, sondern ein geeignetes Umfeld schaffen." Zum Pingpong-Spiel sagt er noch: "Jeder liebt halt seine eigene Geschichte."

Kräftiger Bursche

Und Walchhofer, womit wir wieder beim Weinkeller und seiner Konstanz wären, liebt auch seinen Rotwein (Cuvée Downhill 06), einen kräftigen, 14-prozentigen Burschen aus Zweigelt und Merlot aus Göttlesbrunn, den er gemeinsam mit dem Winzer Gerhard Pimpel kreiert hat. Walchhofer hat sicherheitshalber stets ein paar Fläschchen mit, falls es etwas zu feiern gibt. (Benno Zelsacher, DER STANDARD Printausgabe, 22. Dezember 2008)