München - Top-Managern des nur knapp an der Pleite vorbeigeschlitterten deutschen Immobilienfinanzierers Hypo Real Estate drohen Schadenersatzzahlungen. Die Staatsanwaltschaft München werfe dem ehemaligen Chef Georg Funke und anderen Spitzenmanagern vor, eine zu riskante Geschäftspolitik betrieben und den Konzern damit in Gefahr gebracht zu haben, berichtete die "Süddeutsche Zeitung" (Montag). Die Liquiditätskrise habe zu Schäden geführt, für die das ehemalige Management verantwortlich sei. Die Staatsanwaltschaft äußerte sich nicht zu Details der Ermittlungen.

Funke musste seinen Posten nach der Notrettung des Konzerns durch Bund und Banken im Oktober bereits räumen, von Finanzvorstand Markus Fell trennte sich das Unternehmen in der vergangenen Woche. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts auf Marktmanipulationen und falsche Darstellungen gegen die Verantwortlichen des Konzerns. Bei einer Razzia in der vergangenen Wochen durchsuchten die Ermittler neben den Geschäftsräumen der Hypo Real Estate auch Privaträume von Vorstandsmitgliedern auf Hinweise.

Schönrederei

Die Ermittlungen stützen sich nach Informationen der Zeitung auch auf Aussagen des Vorstandes im Halbjahresbericht 2008 der Hypo Real Estate. In dem Bericht zum 30. Juni hieß es, dass der Konzern und seine Tochterbanken selbst im schlimmsten Fall jederzeit uneingeschränkt zahlungsfähig seien. "Das Liquiditätsrisiko wird auf täglicher Basis überwacht, unterstützt durch zukunftsgerichtete Stresstests."

Knapp drei Monate später stand die HRE kurz vor dem Zusammenbruch, weil die Tochterbank Depfa nicht mehr an Geld kam. Der Konzern musste von Bund und Banken mit 50 Mrd. Euro gerettet werden und verhandelt derzeit bereits über weitere Unterstützung durch den Bund. Die Ermittler werfen dem Vorstand daher vor, mit dem Halbjahresbericht die Verhältnisse des Unternehmens bewusst falsch dargestellt zu haben, berichtete "SZ" unter Berufung auf den Durchsuchungsbeschluss.

Anzeige durch Aktionäre

Mehrere Aktionäre des Konzerns, der bis zum vergangenen Freitag im DAX notiert war, hatten nach dem dramatischen Kursrutsch der Aktie Anzeige bei der Staatsanwaltschaft erstattet. Der Konzern habe bis Jänner 2008 jede nennenswerte Betroffenheit von der Finanzmarktkrise dementiert und stattdessen betont, gestärkt aus den aktuellen Verwerfungen des Finanzmarktes hervorzugehen, begründete die Münchner Kanzlei Rotter Rechtsanwälte am Montag rechtliche Schritte gegen das Unternehmen. "Viele Investoren wurden dadurch noch zum Kauf der Aktie verleitet." Die Kanzlei vertritt Aktionäre, die die Aktien vor dem Kursrutsch zu durchschnittlich 35 Euro gekauft hatten. Inzwischen kostet das Papier weniger als drei Euro.

Um das Überleben des Unternehmens zu sichern, hatte der neue HRE- Chef Axel Wieandt am Samstag einen radikalen Umbau angekündigt. Mit dem Abbau von 1.000 der weltweit 1.800 Arbeitsplätze soll die Hypo Real Estate massiv verkleinert werden und sich künftig vor allem auf Finanzierungsprojekte in Deutschland und Europa konzentrieren. (APA/dpa)