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Pristina am am 17. Februar 2008.
Als am 17. Februar 2008 jubelnde Kosovaren vor der in der Hauptstadt Pristina enthüllten „Neugeboren“-Statue feierten, um die lang-erwartete Unabhängigkeit zu feiern, sahen Politiker auf der ganzen Welt mit gemischten Gefühlen zu.
Ihr größtes Bedenken war, dass die Unabhängigkeit einer ehemaligen Provinz sezessionistischen Bewegungen auf der ganzen Welt Auftrieb verleihen könnte und sich eben nicht als Fall sui generis [eigener Art] erweisen würde, wie die europäischen Unterstützer des Kosovos immer wieder erklärten.
Die Debatte über den „Präzedenzfall Kosovo“ erhielt im August 2008 neue Nahrung, als russische Truppen in die abtrünnigen georgischen Regionen Abchasien und Ossetien einmarschierten. Der Konflikt endete mit der russischen Anerkennung der Unabhängigkeit der Enklaven, die mit dem Beispiel des Kosovos gerechtfertigt wurde.
Am 27. August 2008 schrieb der russische Präsident Dmitri Medwedew in der Financial Times: „Wir haben immer wieder darauf hingewiesen, dass es unmöglich sein würde, den Abchasen und Osseten zu sagen, dass das, was für die Kosovoalbaner gut war, für sie nicht gut gewesen sei.“
Verfechter der Selbstbestimmung der verschiedensten Regionen und Provinzen stimmen in diesen Chor ein. Manche Studien schätzen die Zahl sezessionistischer Bewegungen auf über 200 weltweit.
Einige der bedeutendsten finden sich in Europa. In Großbritannien sind es die schottischen und walisischen Unabhängigkeitsbewegungen und die Bewegung zur Vereinigung Nordirlands mit der Republik Irland. In Spanien sind es die katalanischen und baskischen Unabhängigkeitsbewegungen und in Grönland gibt es starke Bestrebungen, sich von Dänemark zu lösen. Des Weiteren sind die die Bestrebungen des türkischen Nordzyperns und Transnistriens zu nennen, die zumindest de facto bereits unabhängige Staaten sind, und die versuchen, die internationale Anerkennung ihrer Abspaltung von Zypern beziehungsweise von Moldawien zu erlangen.
Im Kaukasus schwelt neben den zuvor erwähnten Auseinandersetzungen ein ungelöster Konflikt um die ethnisch armenische Provinz Bergkarabach in Aserbaidschan. Dazu kommen sezessionistische Bewegungen in den russischen Republiken Tschetschenien und Dagestan. In China sind tibetische und uigurische Unabhängigkeitsbewegungen aktiv und in Afrika halten Konflikte um die Westsahara in Marokko und im Südsudan an. Und der kurdische Nationalismus betrifft mehrere Staaten – die Türkei, den Irak und Syrien.
Doch nach Reisen in zwei sehr unterschiedliche Regionen mit sezessionistischen Bewegungen – Abchasien und das Baskenland – scheint es mir, als seien internationale Befürchtungen über die möglichen Auswirkungen der kosovarischen Unabhängigkeit zumindest einstweilen überzogen. Separatisten sind natürlich an den Ereignissen im Kosovo interessiert und ziehen daraus Bestätigung. Aber wenig weist darauf hin, dass die Unabhängigkeit des Kosovos oder dessen Anerkennung ihre Aussichten auf einen eigenen Staat sonderlich befördert hat.
Wenn Kosovo unabhängig ist, warum dann nicht auch Abchasien?
An der Brücke über den Fluss Ingur, dem einzigen Zugang von Abchasien nach Georgien, steht ein Denkmal, das einen Revolver mit zugeknotetem Lauf darstellt. Es wurde als Sinnbild der Abrüstung errichtet und ist eine kleinere Version der Skulptur Verknotete Waffe des schwedischen Künstlers Carl Fredrik Reuterswärd. Die Skulptur drückt den Wunsch der Bewohner des nicht-anerkannten Landes nach Frieden aus.
Doch wirklicher Friede herrscht in diesem problembeladenen Land noch nicht. Die in Mitleidenschaft gezogenen Straßen der Hauptstadt Suchomi lassen das Bild eines Landes entstehen, in dem bis gestern noch Krieg herrschte, doch tatsächlich wurden die Kämpfe gegen Georgien bereits 1993 eingestellt.
Auf beiden Seiten der Brücke warten russische Soldaten – die Architekten und Unterstützer der abchasischen Unabhängigkeit – in weißen Armeetransportern und sehen den wenigen Menschen zu, die die Brücke überqueren. Sie sichern den Frieden entlang der Verwaltungsgrenze mit Georgien, wenn auch zum Missfallen der Georgier, die in ihnen keine ehrlichen Vermittler sehen.
Mit einer Bevölkerung von circa 220.000 und angesichts der kürzlich erfolgten Anerkennung durch Russland, sieht Abchasien das Kosovo als Beispielfall – und das, obwohl Russland als enger Verbündeter Serbiens die Unabhängigkeit des Kosovos immer vehement ablehnte und davor warnte, dies könnte zu einem weltweiten Dominoeffekt führen.
Die Abchasier vergleichen ihre Situation nicht direkt mit der des Kosovos, vertreten aber den Standpunkt, hier werde mit „zweierlei Maß“ gemessen und deshalb hätten sie das Recht auf gleiche Behandlung. Damit meinen sie die westliche Auffassung, die Anerkennung des Kosovos sei ein Fall sui generis und könne daher nirgendwo anders Anwendung finden.
Nach dem Auseinanderbrechen der Sowjetunion, als Abchasien und Südossetien noch autonome Republiken innerhalb Georgiens waren, erklärten 1992 beide ihre Unabhängigkeit. Dies löste bewaffnete Konflikte aus, die mit einem georgischen Rückzug endeten. Vorläufige, von Russland vermittelte Friedensabkommen führten zur Stationierung russischer Truppen entlang der Verwaltungsgrenze zu Georgien, wodurch diese Gebiete de facto unabhängige Staaten wurden, wenn auch ohne internationale Anerkennung.
Kosovo war ebenfalls eine autonome Provinz, bis der serbische Präsident Slobodan Milosevic zu Begin der 90er Jahre die Autonomie des Kosovos aufhob und es Kernserbien angliederte.
Die Regierung beschnitt die Rechte der ethnischen Albaner massiv, was zu einem bewaffneten Konflikt mit einer kosovarischen Guerillatruppe, der Befreiungsarmee des Kosovos, führte. Nachdem die NATO die serbische Armee zum Rückzug gezwungen hatte, fand dieser Konflikt im Juni 1999 sein Ende.
Das Kosovo wurde anschließend der Verwaltung der UN unterstellt. Doch es war entscheidend, dass westliche Politiker sich darin einig waren, dass jegliche Rückkehr unter serbische Herrschaft ausgeschlossen war. Daher erkannten sie die einseitige Unabhängigkeitserklärung des Kosovos von Serbien auch zügig an.
Georgier lehnen einen Vergleich zwischen ihrem Kampf, die Kontrolle über die verlorenen Provinzen wiederzuerlangen und der serbischen Taktik im Kosovo strikt ab. „Die Unabhängigkeit des Kosovos hat uns beunruhigt, auch wenn die Konflikte und die ihnen zugrunde liegenden Ursachen unterschiedlich sind“, sagt Alexander Rondeli von der Georgischen Stiftung für Strategische und Internationale Studien in Tiflis. „Im Kosovo wurden wir Zeugen extremer Maßnahmen der Serben gegen die Albaner, aber in Abchasien waren die Georgier die Opfer ethnischer Säuberungen“, sagt er und meint damit die Hunderttausenden georgischen Flüchtlinge aus Abchasien Anfang der 90er Jahre.
Der georgische Minister für Wiedereingliederung, Temur Iakobashvili, schlägt in dieselbe Kerbe. „Ich sehe keine Ähnlichkeiten zwischen dem Kosovo und Abchasien, das sind unterschiedliche Konflikte“, so Iakobashvili. „Die Kosovaren waren Opfer ethnischer Säuberungen und hier sind es die Georgier, das ist ein ganz wesentlicher Faktor.“
Die 22jährige Diana Chachua, eine georgische Flüchtlingsfrau aus Abchasien, erinnert sich bitter an den Tag, als das Kosovo seine Unabhängigkeit erklärte. „Ich wusste, dass es früher oder später passieren würde, war aber trotzdem geschockt“, erinnert sie sich. Sie fügt hinzu, heute reisten Georgier selten nach Abchasien. „Nur Abchasier überqueren die Brücke.“
Seit der Unabhängigkeit des Kosovos hat Russland seine Beziehungen zu Südossetien und Abchasien vertieft. So wurden die Grenzkontrollen beseitigt und viele Einheimische erhielten russische Pässe. Der Rubel ist die offizielle Währung.
Vjacheslav Chirikba, der außenpolitische Berater des abchasischen Präsidenten Sergey Bagapsh, sagt, wenn das Kosovo ein Recht auf eigene Staatlichkeit habe, dann träfe das auch auf Abchasien zu. Er weist darauf hin, es sei in den Anfangsjahren der Sowjetunion eine eigene Sowjetrepublik gewesen und werde heute allen Kriterien eines anerkannten Staates gerecht. „Die beiden Hauptkriterien sind erfüllt, politische und staatliche Struktur plus wirtschaftliche Nachhaltigkeit, wo liegt also das Problem?“, fragt Chirikba. „Abchasien wird niemals ein Teil Georgiens sein“, pflichtet ihm Maxim Gvindzhia, der stellvertretende abchasische Außenminister bei. „Unabhängigkeit ist für uns wie im Falle des Kosovos eine Frage des Überlebens. Unabhängigkeit ist die einzige Garantie für den Erhalt unserer Nation.“
Zwar ziehen sowohl Georgier als auch Abchasier Parallelen zwischen ihrer Situation und der Serbiens und des Kosovos, doch nur wenige ausländische Experten sind der Ansicht, die Ereignisse im Kosovo hätten irgendeine konkrete Auswirkung auf den Kaukasus gehabt, oder gar den Krieg in Südossetien ausgelöst.
Der Fünftagekrieg in Südossetien begann, als Georgien am 8. August versuchte, die Kontrolle über die Region zurück zu erlangen. Dieser Vorstoß des georgischen Präsidenten Micheil Saakaschwili löste eine heftige Reaktion Russlands aus, das unter dem Vorwand, einen Völkermord zu verhindern, Truppen nach Georgien entsandte.
Der Balkan- und Kaukasusexperte Tim Judah sagt, der Konflikt sei ungeachtet der kosovarischen Unabhängigkeitserklärung unvermeidbar gewesen.
„Selbst wenn es das Kosovo nicht gegeben hätte, wäre es zum Konflikt in Südossetien gekommen“, so Judah. „Russland ist natürlich sehr daran interessiert, das Kosovo als Argument einzusetzen. Doch es ist nicht wirklich an Südossetien oder Abchasien interessiert, sondern es will einen Beitritt Georgiens zur NATO verhindern.“
George Hewitt, Professor für kaukasische Sprachen an der London School of Oriental and African Studies, SOAS, stimmt dem zu. „Ich schreibe die Zunahme der Spannungen im Kaukasus keinesfalls den Vorgängen im Kosovo zu. Die Ereignisse in Südossetien können besser durch die Narretei der NATO in Bukarest erklärt werden.“ Damit bezieht er sich auf den Gipfel vom April 2008, auf dem Georgiens Beitrittsbestrebungen zurückgewiesen wurden.
Ein Modell für die Basken?
Während die Abchasen – und die Armenier in Bergkarabach – über das Dilemma grübeln, zwar de facto, aber nicht de jure unabhängig zu sein, sehen sich die Basken einer ganz anderen Herausforderung gegenüber. Denn sie ringen mit der Frage, wie aus ihrer bestehenden regionalen Autonomie innerhalb einer entwickelten westlichen Demokratie volle Eigenstaatlichkeit werden kann.
Trotz der in den vergangenen 40 Jahren verübten Terroranschläge der baskischen Unabhängigkeitsbewegung ETA sehen heute die meisten Basken nur in friedlichen Verhandlungen einen Weg zur Unabhängigkeit.
Sie begrüßen die Unabhängigkeit des Kosovos. Iratze Urizar arbeitet in Bilbao für eine Organisation, die Basken in spanischen Gefängnissen unterstützt. Sie sagt, baskische Nationalisten sähen in den Ereignissen im Kosovo eine Bestätigung des Prinzips der Selbstbestimmung. „Die Menschen hier freuten sich für das Kosovo. Wir sind durch das Recht auf Selbstbestimmung miteinander verbunden“, so Urizar.
Historisch umfasst das Baskenland sieben Provinzen, vier in Spanien und drei in Frankreich. Obwohl die nationalistische Bewegung in allen sieben präsent ist, ist sie in den drei spanischen Provinzen stärker: Alava, Biscay und Guipuscoa, die zusammen das autonome Baskenland bilden.
Die autonome baskische Regierung schlug ein Referendum vor, das den Weg zu einem Unabhängigkeitsreferendum im Jahr 2010 geebnet hätte. Doch die Zentralregierung in Madrid lehnte den Plan strikt ab und das höchste spanische Gericht erklärte das Referendum in einem Urteil für verfassungswidrig. Der Konflikt zwischen Madrid und den Basken über das Referendum überschneidet sich mit einem ähnlichen Konflikt um das Kosovo: die baskische Regierung unterstützt die Unabhängigkeit des Kosovos, während Madrid sie ablehnt.
Der baskische Präsident Juan Jose Ibarretxe meint, die Ereignisse im Kosovo zeigten, dass sich das Recht der Nationen auf Selbstbestimmung nicht verweigern lasse. „Das 21. Jahrhundert ist das Jahrhundert der Identität und der Nationen; es ist das Jahrhundert des Respekts vor dem Volkswillen“, so Ibarretxe im Februar nach der Unabhängigkeitserklärung des Kosovos.
Laut einer von der baskischen Regierung in Auftrag gegebenen Umfrage fordern 78 Prozent der Basken eine Wiederaufnahme des Referendums. Sie glauben, der Prozess der Selbstbestimmung habe begonnen und es gäbe kein Zurück.
„Im Zeitalter der Globalisierung müssen kleine Nationen unabhängig werden, um ihre Souveränität zu verteidigen“, sagt Urko Aiartza Azurtza, ein Anwalt der Batasuna, einer kompromisslosen baskischen nationalistischen Partei, die von der spanischen Regierung verboten wurde. „Der Prozess hat bereits eingesetzt und kann nicht mehr gestoppt werden.“
Die spanische Regierung weigert sich dagegen beharrlich, die Unabhängigkeit des Kosovos anzuerkennen. Neben Spanien lehnen dies noch vier weitere EU-Mitglieder ab: Rumänien, die Slowakei, Griechenland und Zypern. Laut der Regierung lehnen die meisten Basken die Unabhängigkeit ab, nur 30 Prozent träten für sie ein.
Aitor Esteban, der Vertreter der Baskischen Nationalistischen Partei im spanischen Parlament ist von Madrids Haltung nicht überrascht. „Das ist ein Widerspruch, denn wenn das Kosovo wirklich eine Ausnahme oder ‚einzigartiger Fall‘ ist, dann sollte das kein Problem darstellen, so Esteban. „Aber tatsächlich fürchtet sie [die spanische Regierung], dass dies nicht der letzte derartige Fall sein wird, und dass viele andere Nationalitätenkonflikte in Westeuropa aufbrechen werden.“
Die Kriterien für Eigenstaatlichkeit sind unklar
Im Kosovo, dessen Unabhängigkeit bislang von 52 Staaten anerkannt wurde, ist den Menschen bewusst, dass ihr Kampf den Hoffnungen anderer kleiner Nationen, die sich besetzt, unterdrückt oder versklavt fühlen, Auftrieb verliehen hat. „Ich unterstütze die Unabhängigkeitsinitiativen, die nach Kosovo blicken, die Nationen, die nach Unabhängigkeit streben, unterdrückt werden, und die nach Freiheit streben“, sagt der Jurastudent Agon Hamza in Pristina.
Im Gegensatz zu den Sympathien für Befreiungsbewegungen in der Bevölkerung lehnen die politischen Führer es ab, ihr Land zu einem Bannerträger für andere Befreiungsbewegungen werden zu lassen. „Wir haben immer betont, dass Kosovo ein spezieller Fall ist“, sagte der kosovarische Präsident Fatmir Sejdiu. „Es ist ein Fall sui generis und kann nicht als Präzedenzfall für andere Gebietskonflikte dienen.“
Experten im Kosovo wägen genauer ab und sagen, es sei schwierig, Standards zu bestimmen, wonach eine Nation das Recht habe, sich abzuspalten und eine eigenstaatliche Existenz zu beginnen.
Die Nichtregierungsorganisation Kosovar Institute for Policy Research and Development, KIPRED, führt in einer Ende letzten Jahres veröffentlichten Studie mehrere Kriterien auf. Dazu zählen bereits vor der Auflösung des Staates festgelegte Grenzen, das Vorhandensein einer Vertreibungen oder ernsthaften Verletzungen ihrer Rechte ausgesetzten ethnischen Minderheit und die Existenz von durch die internationale Gemeinschaft anerkannten demokratischen Strukturen.
Wendet man diese Kriterien zum Beispiel auf die Albaner im benachbarten Mazedonien an, scheint es unwahrscheinlich, dass sie ihren eigenen Staat erhalten werden. Und das trotz einer starken sezessionistischen Bewegung seit Beginn der 90er Jahre und eines 2001 ausgebrochenen bewaffneten Konfliktes, in dem sich die Sicherheitsbehörden den Verbänden einer albanischen Guerilla gegenüber sahen, die von sich behauptete, ein Viertel der Bevölkerung zu vertreten.
Seit damals hat sich Mazedonien vom Rand des Abgrunds entfernt und hat viel Lob für seine Minderheitenpolitik erhalten. Nach einem 2001 in Ohrid unter internationaler Vermittlung zustande gekommenen Friedensabkommen wurden die Kämpfe eingestellt, Minderheitenrechte verbessert und der Abspaltungsbewegung der Wind aus den Segeln genommen.
Doch auch wenn Mazedonien die Unabhängigkeit des Kosovos nicht länger als Bedrohung wahrnimmt – Skopje erkannte kürzlich die Regierung in Pristina an – so gibt es noch immer die Befürchtung, dass im Fall einer ethnische Teilung des Kosovos (sollte der serbisch dominierte Norden sich abspalten) die mazedonischen Albaner im Westen des Landes dasselbe tun könnten.
„Kurzfristig gibt es keine Gefahr eines Übergreifens von Instabilität aus dem Kosovo auf Mazedonien“, sagt Biljana Vankovska, die an der Universität ‚St. Kyrill und Method‘ in Skopje als Professorin für politische Wissenschaften und Verteidigungspolitik lehrt. „Doch jede fortgesetzte regionale Aufsplitterung wie eine Aufteilung Kosovos oder die Abspaltung der Republika Srpska in Bosnien könnte die tektonischen Platten verschieben. Von den Interessen der USA und Russlands in der Region wird viel abhängen.“
Daher sprechen sich mazedonische Regierungsvertreter gegen eine Neuziehung der Grenzen im Kosovo oder in Bosnien aus, da sie fürchten, dies könne am Ende Auswirkungen auf Mazedonien haben. Denn letzten Endes könnte Kosovo einmal mehr als Alibi dienen.
„Der Westen hat im Kosovo seine ethische Außenpolitik unter Beweis gestellt und heute tut Russland dasselbe im Kaukasus“, so Vankovska. „Das führt zu einer unsicheren Welt, in der alle Streitigkeiten nach dem Prinzip gelöst werden können, dass ‚wenn das hier getan werden kann, warum dann nicht auch dort? Warum sollten wir eine Minderheit in eurem Staat sein, wenn ihr eine in unserem sein könnt?‘“
Professor Hewitt sagt, in die abschließende Beurteilung solcher Fälle dürften nicht nur die völkerrechtlichen Aspekte einfließen, auch die moralische Dimension des Unabhängigkeitsstrebens müsse in Betracht gezogen werden.
„Wenn ein Land durch sein Verhalten das moralische Recht verliert, ein bestimmtes, von einer ethnischen Minderheit bewohntes Gebiet zu kontrollieren, dann hat dieses Gebiet oder die ethnische Minderheit das Recht, nach Selbstbestimmung zu streben“, so Hewitt. „Manche Gesetze sind dazu da, gebrochen zu werden.“ (Von Darko Duridanski in Skopje, Tiflis, Sochumi, Vitoria, Bilbao und Pristina)