Zur Person: Ali Ahmed Karti ist Staatsminister im sudanesischen Außenamt. Fünf Jahre übte er diese Funktion im Justizministerium aus.

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Sudans Regierung habe ihr Mögliches zur Lösung des Darfur-Konflikts getan, meinte Ali Ahmed Karti, Staatsminister in Sudans Außenamt, im Interview mit Julia Raabe. Vor allem Frankreich wolle kein Ende der Gewalt.

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STANDARD: Der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs, Luis Moreno-Ocampo, hat Haftbefehl gegen Präsident Bashir beantragt. Wie wird die Regierung in diesem Fall reagieren?
Karti: Lassen Sie uns hoffen, dass das nicht passiert. Aber alle von uns erwarten es, wegen der Politisierung der Sache. Wir reden hier aber von einer rechtlichen Angelegenheit. Es ist nicht sinnvoll, das im Sicherheitsrat oder in den Medien oder in internationalen Gremien zu diskutieren. Wenn jemand angeklagt wird, heißt das noch nicht, dass er schuldig ist. Hier geht es um Gerechtigkeit. Die wird unserem Präsidenten verwehrt. Wenn man über Gerechtigkeit spricht, muss man sie allen Seiten zukommen lassen.

STANDARD: Moreno-Ocampo hat auch die Verhaftung von drei Rebellenführern gefordert.
Karti: Das ist der Versuch, so etwas wie ein Gleichgewicht herzustellen. Weil er von den Medien kritisiert worden ist. Es gibt eine ganze Kampagne gegen unseren Präsidenten. Das ganze Land ist von den Medien verurteilt worden!

STANDARD: Moreno-Ocampo hat genug Informationen gesammelt, die ihn zu dem Schluss veranlassen, dass Ihr Präsident für einen Völkermord verantwortlich sein könnte.
Karti: Ist der Präsident verantwortlich für Kriegsverbrechen, die 1500 km von ihm entfernt stattfinden? Für Volksgruppen, die sich gegenseitig angreifen? Darfur ist ein riesiges Gebiet. Die Armee kann nicht alle Probleme dort unterbinden. Es ist eine Frage der Versöhnung.

STANDARD: Die bisherigen Versuche sind fehlgeschlagen.
Karti: Es wird gelingen, wenn wir die Unterstützung der Staatengemeinschaft haben. Der politische Prozess wird völlig vernachlässigt. Aber es gibt einige Länder, die nicht wollen, dass im Sudan diese Art von Versöhnung stattfindet.

STANDARD: Zum Beispiel?
Karti: Frankreich. Es will, dass der Aufruhr in Darfur ewig anhält. Sie brauchen Darfur als Verlängerung zum Tschad. Frankreichs Politik wird von Nichtregierungsorganisationen bestimmt, die ihr Auskommen in Darfur finden. Wenn es dort keine Probleme gäbe, wie könnten sie bestehen?
Die Franzosen haben alle Versuche der Afrikanischen Union unterbunden, andere Länder im Sicherheitsrat zu einer Resolution nach Art. 16 des Rom-Statuts (Aussetzung des Verfahrens gegen Ba-shir, Anm.) zu motivieren. Selbst wenn China und andere das versuchten, würden andere Länder ihr Veto einlegen. Aber die müssen sich gut überlegen, ob es gut wäre - für die Region, die Stabilität und die tausenden Soldaten -, unser Land verantwortlich zu machen.

STANDARD: Wie also werden Sie reagieren?
Karti: Wenn Sie wollen, dass ich mich kooperativ verhalte - bei der Stationierung von Truppen, der humanitären Hilfe, dem politischen Prozess: Würden Sie so etwas tun (die Regierung verantwortlich machen) und den ganzen (Friedens-)Prozess stoppen? Wie kann man ein Problem lösen, indem man ein großes Problem schafft?

STANDARD: Bashir hat angekündigt, die Janjaweed-Reitermilizen entwaffnen zu wollen. Was tut die Regierung dafür?
Karti: Das wird die ganze Zeit von der Staatengemeinschaft aufgebracht. Aber wer sind sie? Gangs, bewaffnete Gruppen, von denen keiner weiß, wo sie sind. Wir haben die Absicht. Aber es ist nicht leicht. Es ist an der Staatengemeinschaft, der Regierung zu helfen. Wenn Sie wollen, dass ich etwas sofort tue, müssen Sie mir etwas geben. Wir haben alles getan. Wie soll Präsident Bashir verantwortlich sein, wenn die Staatengemeinschaft ihre Arbeit nicht macht! (DER STANDARD, Printausgabe, 23. Dezember 2008)