La Palma / Wien - Ohne Reis gibt es keine Zigarren. Zumindest auf der Finca "el Sitio" in San Isidro auf der Kanareninsel La Palma. Immer wieder taucht Eusebio Martin Lopez seinen Finger in das kleine Glas mit Reiskleber, betupft die frisch gerollte Zigarre und sorgt so dafür, dass sie nicht wieder auseinanderfällt. 75 Jahre alt ist der Spanier, 55 Jahre lang hat er in Kuba gelebt und Zigarren gerollt, jetzt ist er zurück in seiner Heimat und rollt weiter. In der Zigarrenmanufaktur von Antonio González Gómez - der auch schon 74 ist und jeden Monat 100 seiner eigenen Produkte pafft.

Ein Betrieb mit sechs Beschäftigten ist in der internationalen Tabakindustrie naturgemäß die absolute Ausnahme. Beherrscht wird der Markt von drei westlichen Großkonzernen, dazu kommt der chinesische Staatsmonopolist China National Tobacco.

Sorgen muss man sich um die Altria-Gruppe mit Flaggschiff Philip Morris, British American Tobacco (BAT) und Japan Tobacco Incorporated (JTI) trotz wachsender Nichtraucherbewegung keine machen. Das beweist ein Blick in die Unternehmenszahlen, von denen andere Firmen nur träumen können.

Altria machte beispielsweise im Geschäftsjahr 2007 einen Umsatz von 73 Milliarden US-Dollar (52 Milliarden Euro), was einem Plus von zehn Prozent im Vergleich zum Jahr 2006 entspricht. Man hat aber nicht nur viel verkauft, sondern auch viel verdient: Der Gewinn stieg um 19 Prozent auf umgerechnet 6,4 Milliarden Euro.

Zweiter Platz

Auf dem umsatzmäßig zweiten Platz liegt die fernöstliche JTI, zu der auch die Austria Tabak gehört. Umgerechnet 45,7 Milliarden Euro wurden eingenommen, als Nettogewinn blieben 1,6 Milliarden über. BAT verdiente besser: 2,9 Milliarden Euro Gewinn in den ersten neun Monaten 2008 bei 24 Milliarden Umsatz.

Die Produktionskette für die Rauchware ist weltweit organisiert - im Gegensatz zu der Finca von Señor González Gómez, der einen großen Teil seines Zigarrentabaks auf eigenen Feldern anbaut. Ist er einmal gepflückt, wird er luftgetrocknet, ehe er seinen eigentlichen Geschmack bekommt. Leicht nach Stall riecht es in dem Raum, den der Firmenchef präsentiert. In Säcken und an die Wände gestapelt, findet sich der Rohstoff für die Mischungen, die später gepresst und in die Hände von Martín López gelangen werden.

Dass die Arbeiterhände der großen Hersteller untätig werden müssen, ist für die Landwirtschaftsorganisation der UNO (FAO) äußerst unwahrscheinlich. In einer Studie aus dem Jahr 2003 prognostizierten sie ein weltweit fast ungebremstes Wachstum des Tabakgeschäftes. Verantwortlich für den Zuwachs sind die Entwicklungsländer - erstens durch ihr Bevölkerungswachstum und zweitens durch steigenden Konsum. In Europa wird er zurückgehen - aber nicht dramatisch. Statt 981.000 Tonnen im Jahr 1999 sollen es selbst mit verschärften Gesetzen im Jahr 2010 noch immer 928.000 Tonnen sein - ein Rückgang von nur gut fünf Prozent.

Einen kleinen Teil will man auch in der Finca el Sitio zu dem Geschäft beitragen: 4000-mal im Monat tupfen Eusebio Martín López und seine Kollegen ihre Finger in den Reisklebertopf. (Michael Möseneder/DER STANDARD-Printausgabe, 23.12.2008)