Im Selbstbedienungs-Foyer liegen keine Erlagscheine auf, man muss sich am Schalter anstellen.

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Wien - Als eine Standard-Leserin vor kurzem in ihre Stammfiliale der Raiffeisenbank im 18. Bezirk in Wien ging, wollte sie den Bankbesuch in vorweihnachtlicher Stimmung mit einer guten Tat verbinden und der Caritas etwas spenden. Doch im Selbstbedienungs-Foyer lagen keine Erlagscheine auf. Die Dame stellte sich daher am Schalter an und fragte nach dem gewünschten Papier.

Sie staunte nicht schlecht, als die Bankangestellte in einer Lade, nach den Worten der Kundin, "in einem gut versteckten gemischten Stapel Erlagscheine" suchte. Auf die Frage, warum Spendierfreudige sich erst am Schalter anstellen und Angestellte nach dem Erlagschein suchen lassen müssen, erklärte ihr ein Kollege der Angestellten: "Wir haben die Weisung, dass wir Spenden-Erlagscheine wegräumen müssen."

Derselbe Satz fiel in der Filiale als der Standard die Probe aufs Exempel machte und ebenso nach einem Erlagschein für Hilfsorganisationen verlangte. Warum das so sei, wusste der Bankangestellte nicht. Die Kundin machte sich ihren eigenen Reim: "Die Banken übernehmen bei Spenden die Gebühren. Vielleicht wollen sie diese nicht bezahlen."

Peter Wesely, Pressesprecher der Raiffeisenlandesbank (RLB) Niederösterreich-Wien, weiß nichts von einer "Weisung" an die Mitarbeiter: "Das ist Schwachsinn. Ich weiß nicht, was dieser Kollege gemeint haben könnte." Man selektiere beim Auflegen der Erlagscheine zwar, es gebe aber immer Spendemöglichkeiten für bestimmte Aktionen, derzeit zum Beispiel für die "Gruft" der Caritas. Silke Ruprechtsberger, Sprecherin der Caritas Wien, beschwichtigt: "Es kann sein, dass die Zahlscheine gerade ausgegangen waren." Allerdings komme es "beim Auflegen der Erlagscheine sehr auf das Engagement der jeweiligen Filialen an." Die Caritas habe eine Kooperation mit RLB und Erste sowie Bawag PSK.

Bei einem Lokalaugenschein war davon aber wenig zu merken: Kein einziger Erlagschein fand sich in dem Foyer einer Bawag-Filiale, und auch eines von zwei Erste-Bank-Foyers war zwar gespickt mit Werbematerial, doch weder Zahlscheine der Caritas noch anderer Hilfsorganisationen waren zu finden. Karin Berger, Sprecherin der Erste Bank, kann sich das nicht erklären: "Im Normalfall liegen immer genug Zahlscheine bei auf." Eine Order, diese wegzuräumen gebe es jedenfalls "definitiv keine".

Zwei Euro Spendengebühr

Spendierfreudigkeit bedarf manchmal nicht nur hartnäckigen Nachfragens, sondern auch des Nachzahlens: Ein Leser sandte einen Zahlschein-Scan ein, der zeigt, dass er für seine mit einem "Licht ins Dunkel"-Zahlschein getätigte Spende, die er in der Steiermark aufgab, zwei Euro Gebühr zahlen musste. In der Raiffeisen-Filiale, die ihm die Gebühren verrechnet hatte, war Dienstagnachmittag zu einer Stellungnahme niemand mehr erreichbar.

Die Arbeiterkammer Wien hat zuletzt 2004 untersucht, wie viel Bankkunden bei Zahlscheinen für karitative Zwecke zu zahlen haben. Bei den meisten war Spenden kostenlos, doch bei manchen waren bis zu drei Euro zu berappen. (Gudrun Springer, DER STANDARD, Printausgabe, 24.12.2008)