Das Unternehmen Keba, unter anderem Hersteller von mobilen Terminals für Automationen, benötigte Software aus Hagenberg.

Foto: Keba

"Angewandte Forschung kann nicht nebenbei im Tagesgeschäft erfolgen", meint Markus Knasmüller, Leiter der Software-Entwicklung im BMD Systemhaus, und verweist auf einen schon lange währenden Trend in Unternehmen: Man betrachtet die Wissenschaft nicht mehr als praxisfernes Experimentierfeld intellektueller Eremiten: "Die Zusammenarbeit mit Einrichtungen ohne Elfenbeinturm-Image ist sehr wichtig."

Von dieser Einstellung profitieren Einrichtungen wie das Software Competence Center Hagenberg (SCCH). Mit dem 1999 von fünf Instituten der Johannes Kepler Universität Linz gegründeten Forschungszentrum realisierte BMD das Projekt ValueSoft. Softwaresysteme sollten nicht nur technisch top sein; wirtschaftliche Indikatoren wie Kosten oder Entwicklungszeit sind ebenfalls zu berücksichtigen. Zu oft fallen Entscheidungen ohne diese Hintergrundinfos. Am SCCH entstehen Methoden und Software-Werkzeuge, die durch solche gesammelte und aufbereitete Daten den Akteuren das Leben leichter machen. Informationen über die Phasen einer Softwareentwicklung landen im Data Warehouse, dargestellt via Dashboard. Das Material wird in den Blickpunkt gerückt. Knasmüller: "Genauigkeit und Zuverlässigkeit sind höher, auf Terminverschiebungen kann früher reagiert werden. Weiters erleichtern die Umstellung auf kürzere Zeiträume und überschaubarere Arbeitspakete die Abläufe."

Solche positiven Statements hört man in Hagenberg gerne. Ein Selbstläufer ist die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft ohnehin nicht. Dennoch versprechen die Verantwortlichen nicht gerade wenig: "Wir müssen eine Brücke zwischen Theorie und Praxis herstellen", sagt Wolfgang Beer, Area Manager Software Engineering and Technology am SCCH. "Unternehmen profitieren durch das Fachpersonal und unbürokratischer Abwicklung. Zusätzlich ergeben sich oft Synergieeffekte zwischen den beteiligten Partnerfirmen."

Geförderte Exzellenz

Auch Geld spielt logischerweise eine Rolle. Das Forschungszentrum konnte sich im Wettbewerb um die Mittel des staatlichen Programmes Comet (Competence Centers for Excellent Technologies) durchsetzen. Dieses fördert den Aufbau von Kompetenzzentren, die an einem von Wirtschaft und Wissenschaft definierten Forschungsprogramm arbeiten. Das Budget beträgt 16,2 Millionen Euro für vier Jahre, die Hälfte kommt von den beteiligten Partnerunternehmen. Was der Anziehungskraft des Kompetenzzentrums nach außen sicher nicht schadet, dessen Betriebsleistung 2006/2007 4,9 Millionen Euro erreichte. Referenzen gibt es mittlerweile zahlreich: etwa die Zusammenarbeit mit Siemens im Bereich der domainspezifischen Sprachen, wo Programmiersprachen für Anwendungsgebiete maßgeschneidert werden. Siemens verfügt damit über eine Software, mit der Elektrotechniker das beste Design von Transformatoren berechnen können.

Bisher kamen allgemeine Programmiersprachen zum Einsatz, die Nachteile mit sich brachten: Der Aufwand ist groß, und das Personal muss einiges über Softwaretechnik wissen. "Im Mittelpunkt steht eine spezielle Lösung, mit der Elektrotechniker ihr Know-how einfacher und schneller beschreiben können. Daraus werden dann automatisch Programme generiert", erläutert Josef Pichler, Head of Integrated Software Engineering Tools Group bei SCCH.

Automatischen Zulauf haben die Spezialisten trotzdem nicht. Beer: "Oft ist es Firmen nicht bekannt, dass es Zentren oder die Förderschiene gibt." Was aber auch an zu wenig gezielter PR liegen könnte. Nichteingeweihten könnte jedenfalls ein durchschnittlicher Betrag zwischen 50.000 und 100.000 Euro entgehen samt Zugang zum Netzwerk mit nationalen wie internationalen Forschungseinrichtungen sowie Partnerunternehmen.

Fachliche Gesichtskontrolle

Stillstand gibt es trotzdem keinen: Vierzehn Comet-Projekte wurden heuer gestartet. Wer dabei sein will, muss durch die fachliche Gesichtskontrolle. "Wir entscheiden, ob das Projekt für den Themenkreis wissenschaftlich relevant ist. Chancen haben alle, egal ob Start-up oder ein Konzern", erklärt Beer.

Die Keba AG etwa hat den An-forderungen entsprochen. Zu den Produkten des Elektronikunternehmens zählt ein eigenes Steuerungssystem für Spritzgussmaschinen. Das Projekt behandelte eine spezielle Aufgabe: Eine Software, die den Ablauf steuert, sollte direkt an der Maschine selbst verändert werden können.

Denn bisher musste jede nötige Modifizierung zuerst auf einem PC programmiert und dann auf die Maschine übertragen werden. Mit dem neuen Tool sollen nun Inbetriebnahme, Umstellung auf andere Produkte oder Fehlerbehebungen besser realisiert werden können. (pren/DER STANDARD, Printausgabe, 24./25./26.12.2008)