Die millimetergenaue Messung von Millionen Einzelpunkten liefert fotorealistische 3-D-Computermodelle.

Foto: Uni Innsbruck

Die Zeiten, in denen Archäologen für die Analyse und Untersuchung ihrer ausgegrabenen Fundstücke angewiesen waren auf Handzeichnungen, Fotografien und die wenigen Wochen der Erhebungen an den Fundstücken selbst, bis diese wieder zugeschüttet werden, soll ein Ende finden: Unter Leitung von Klaus Hanke vom Institut für Vermessung und Geoinformation an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck haben Techniker und Wissenschafter eine Methode entwickelt, die Fundorte in hochaufgelösten dreidimensionalen Modellen festzuhalten. Schlüssel für die detailgenauen Abbilder ist ein terrestrischer Laserscanner.

"Derartige Hightech-Geräte werden normalerweise zur Staudammüberwachung oder zur Qualitätssicherung im Flugzeug- und Maschinenbau eingesetzt", erklärt Hanke, "wie wir in unserem Projekt nun aber zeigen konnten, werden sie auch in der Archäologie und im Denkmalschutz eine große Zukunft haben."

Den Scanner hat das Innsbrucker Forscherteam nicht entwickelt. Für ihre unter anderem vom Wissenschaftsfonds und den Ländern Tirol, Salzburg und Vorarlberg geförderte Studie haben sie sich ein 100.000 Euro teures Gerät angeschafft. Entwickelt haben sie aber entsprechende Software und Handhabungstools. Darüber hinaus untersuchten sie, ob die Scanner überhaupt in der Archäologie effizient einsetzbar sind - "sie sind es", meint Hanke. Objekt der Begierde war der Ausgrabungsort Mauken nahe Brixlegg im Tiroler Unterland. In diesem zwei Bauernhöfe umfassenden Weiler haben Archäologen eine bronzezeitliche Erzaufbereitungsanlage entdeckt und ausgegraben - Stück für Stück. Neben anderem wurde dabei auch ein rund 3000 Jahre alter Holztrog freigelegt. "Das Moor, in dem er gelegen ist, hat ihn wegen der Gerbstoffe und des Sauerstoffentzugs sehr gut konserviert", erzählt Hanke. Er wurde schleunigst fotografiert und vermessen, dann zur Erhaltung für die Nachwelt in einen lichtdichten Behälter mit Speziallösung gelegt, wo der Holztrog zumindest die nächsten zwei Jahre liegenbleiben muss, um ihn vor dem Verfall zu bewahren.

"Und genau da", schildert der Techniker und Vermessungsexperte, "liegt nun der große Pluspunkt der neuen Methode." Der Bottich wurde, mit allem anderen, vom Laserscanner abgetastet, sodass nun ein hervorragendes 3-D-Modell von ihm vorliege. Anhand dessen könne am Computer daran- gegangen werden, den Trog genau zu untersuchen, was schließlich auch Rückschlüsse auf die Menge des damals verarbeiteten Erzes erlaube. "Der Laserscanner ermöglicht eine berührungslose und damit äußerst schonende Messung, die aufgrund ihrer Güte wesentlich zur objektiven Dokumentation von archäologischen Grabungen und Funden beiträgt."

Genaue Kopien

Die millimetergenaue Messung von Millionen Einzelpunkten liefere fotorealistische, detailgetreue 3-D-Computermodelle einer Ausgrabung und ihrer einzelnen Schichten für eine nachfolgende Interpretation durch die Fachleute. Aus den Scan-Daten von freigelegten Fundstücken könnten darüber hinaus jederzeit mit einem 3-D-Plotter genaue Kopien der prähistorischen Objekte angefertigt werden.

Anders als bisher können damit auch Modelle der gesamten Ausgrabungsfläche und ihren Fundstücken angefertigt werden - und das, obwohl die Archäologen immer nur einen Teil freilegen und bearbeiten, ihn dann wieder zuschütten (damit nichts an der Luft verrottet und konservieren kann man auch nicht alles), um zum nächsten Teilbereich zu gehen. Eingesetzt wird der Laserscanner wie ein gewöhnliches Vermessungsgerät auf einem Stativ.

Von dort aus tastet der Scanner den freigelegten Fundort zeilenförmig ab und registriert Einzelpunkte im Abstand von nur zwei Millimetern. So entsteht ein mehrere Millionen Punkte umfassendes dreidimensionales Gebilde.

Der Laserversuch war Teil des Spezialforschungsprojektes HiMAT (History of Mining Activities in the Tyrol) zur Bergbaugeschichte Tirols, an dem zwölf Universitätsinstitute aus verschiedenen Fachbereichen der Geistes-, Natur- und Ingenieurswissenschaften beteiligt sind. Ziel des Projektes ist die Aufarbeitung von zumindest 3000 Jahren Bergbaugeschichte in Tirol.

"Dabei", erklärt Hanke, "gilt es auch, die Implikationen des Bergbaus auf die Umwelt und die soziokulturelle Entwicklung der Menschen von der Bronzezeit bis heute zu dokumentieren."

So sei etwa die Umwelt starken Belastungen durch Blei und Quecksilber ausgesetzt gewesen, und die Bergbauzentren hätten auch ganz spezifische Migrationsströme ausgelöst. Die Blütezeit des Tiroler Bergbaus sei der Silberabbau in Schwaz von 1430 bis 1520 gewesen. Hier gelte es herauszufinden, wie sehr dieser in Zusammenhang mit dem bronzezeitlichen Bergbau in Tirol vor 3000 Jahren gestanden sei. (DER STANDARD, Printausgabe, 24./25./26.12.2008)