Berlin - Die SPD-Kandidatin für das deutsche Bundespräsidentenamt, Gesine Schwan, hat die Debatte über ein NPD-Verbot als "Reflexhandlung" kritisiert. Die steigende Gewaltbereitschaft habe viel tiefere Ursachen, ein Parteiverbot bewirke da nichts, sagte Schwan der Nachrichtenagentur AP. Gerade den Rechtsextremismus müsse man ganzheitlich, auch an seinen sozialen Ursachen bekämpfen. Zu diesen Ursachen gehöre, dass die Ungerechtigkeit in der Gesellschaft stark zugenommen habe.

"Ich führe das darauf zurück, dass alle Lebensbereiche seit dem Ende des Ost-West-Konflikts durchdrungen worden sind vom ökonomischen Prinzip der Effizienzsteigerung", sagte Schwan. "Was zählte, war das Konkurrenzprinzip." Diese Tendenz habe dazu geführt, dass sich Gewalt ausgebreitet habe und das Verantwortungsgefühl verloren gegangen sei. Das zeige sich auch in der Finanzkrise oder in den Affären um Datenmissbrauch. "Wir sind Zeugen einer erschreckenden Kultur der Verantwortungslosigkeit."

Die Debatte über ein Parteiverbot nannte Schwan oberflächlich. Der Attentäter, der den Passauer Polizeichef Alois Mannichl niedergestochen hatte, habe extreme Bereitschaft zur Brutalität gezeigt. "Diese Gewaltbereitschaft würde auch durch ein Verbot der NPD nicht einfach aus der Gesellschaft verschwinden", sagte die SPD-Kandidatin. Sollte ein neues Verbotsverfahren angestrengt werden, müsse dies aber sehr gründlich vorbereitet sein und dürfe keinesfalls wieder scheitern. (APA/AP)