Passau/München - Die "gnadenlose Religion des Marktes und Konsums", die an die Stelle des Glaubens getreten sei, hat der Passauer Bischof Wilhelm Schraml in seiner Weihnachtspredigt angeprangert. Die weltweite Finanzkrise und ein "frostig gewordenes soziales Klima" seien der Beweis dafür, sagte er am Donnerstag beim Gottesdienst im Passauer Dom. Schraml verwies auf die "schreckliche Unmenschlichkeit und Vernichtung" durch Terror, Gewalt, Hunger und Elend in der Welt und forderte ein klares Signal für die Würde des Menschen. "Ob im Kind oder im sterbenden Menschen: die Personenwürde darf nicht entehrt werden", betonte der Bischof.

Angesichts der Wirtschaftskrise hat der Vorsitzende der katholischen Bischofskonferenz Deutschlands, der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch, in seiner Weihnachtspredigt zu mehr sozialer Verantwortung und Vertrauen im Umgang miteinander aufgerufen. Man könne nicht die Solidarität Gottes mit den Menschen rühmen und preisen, "uns selbst aber davonstehlen, wo an unserer Nachbarstür oder auch in der Gesellschaft ein Miteinander in einer neuen Haltung gefragt ist". Zollitsch sprach sich zwar für Hilfsmaßnahmen zum Erhalt von Banken und Schlüsselindustrien aus, warf aber zugleich die Frage auf, ob dabei genügend an die Menschen gedacht werde, denen all dies zugutekommen soll.

"Es macht mehr als nachdenklich, wenn wir über Nacht zur Lösung von Finanz- und Wirtschaftsproblemen Milliardenbeträge bereitstellen und andererseits die Mittel fehlen, um das Kindergeld um mehr als zehn Euro im Monat zu erhöhen oder die Bezuschussung für Kindergärten und Schulen in der erforderlichen Weise auszubauen", sagte der Freiburger Erzbischof. Es könne Christen nicht gleichgültig sein, wenn die Wirtschaftskrise viele in Bedrängnis zu bringen drohe, "dann darf man von uns mehr erwarten, als eine Kritik aus der warmen Wohnzimmerstube, mehr als Kritik am kühlen, unmenschlichen Finanzgebaren mancher Banker oder dem unmoralischen, weil gierigen Wirtschaften einiger Manager."

Der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke warnte in seiner Weihnachtspredigt vor einem gesellschaftlichen Druck zu ständiger Perfektionierung der Menschen. Dies ängstige viele und mache sie zu einem "getriebenen Ich". Das Leistungsschema der Wirtschaft und des Konsums dürfe nicht auf die Religion übertragen werden. Der Mensch müsse sich nicht fortwährend den gerade gängigen Leitwerten der Gesellschaft anpassen.

Zu einem verstärkten Einsatz für den Frieden in der Welt hat der evangelische Landesbischof von Bayern, Johannes Friedrich, die Christen aufgerufen. Angesichts der 41 Kriegsgebiete, die es im zu Ende gehenden Jahr weltweit gegeben habe, forderte er ein "engagiertes und massives Eintreten" für den Frieden. Eine unpolitische Haltung für Christen sei dabei nicht mehr möglich. Auch für den sozialen Frieden müssten sich die Gläubigen einsetzen. Soziale Gerechtigkeit dürfe dabei kein "unerreichbares Ideal" darstellen, sondern sei die wesentliche Voraussetzung für Frieden und Freiheit. (APA/dpa/AP)