Osnabrück - Einwanderer drohen nach Ansicht von Experten zu den großen Verlierern der Wirtschaftskrise in Deutschland zu werden. Dadurch wächst die Gefahr sozialer Spannungen an den Rändern der Gesellschaft, wie der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration warnt. "Ein geringeres Arbeitsangebot vermindert die Integrationschancen von Einwanderern", sagte der Ratsvorsitzende Klaus J. Bade der Nachrichtenagentur AP.

Arbeit sei die wichtigste Schiene zur Integration. Arbeitslosigkeit sei bei Einwanderern aber oft doppelt so hoch wie in der Mehrheitsbevölkerung. Der Migrationsforscher schlug vor, über Konjunkturprogramme gezielte Integrationshilfen zu finanzieren. "Investitionen in sinnvolle Integrationsmaßnahmen rentieren sich, vermindern Ausgaben für Arbeitslosigkeit", sagte er. Zudem seien Integrationsmaßnahmen oft arbeitsintensiv und entlasteten den Arbeitsmarkt.

Finanzierung

"Aus befristeter Förderung von Integrationsprojekten muss eine dauerhafte Finanzierung werden", forderte Bade. Sinnvoll sei es, Crashkurse für arbeitssuchende Einwanderer mit sprachlichen Defiziten anzubieten. Trotz persönlicher Eignung und hoher Motivation würden arbeitssuchende Einwanderer oft wegen sprachlicher Defizite abgewiesen, sagte Bade.

Die Ursachen der hohen Arbeitslosigkeit von Einwanderern sind Bade zufolge bei Migranten und Arbeitgebern zu suchen. "Zum einem haben arbeitssuchende Einwanderer häufig Sprach- und Qualifikationsdefizite, wobei oft aber auch im Ausland erworbene Qualifikationen hier nicht anerkannt werden", sagte der Experte. Zum anderen würden Einwanderer bei Bewerbungen nach wie vor klar benachteiligt, obwohl sich viele Unternehmen in der "Charta Vielfalt" zu einem Arbeitsumfeld ohne Vorurteile und Ausgrenzung verpflichtet hätten.

"Mit einem deutschen Namen unterschriebene Bewerbungsschreiben sind weitaus chancenreicher als zum Beispiel mit türkischem Namen unterzeichnete", konstatierte Bade. Das habe ein wissenschaftlicher Test, bei dem textgleiche, hervorragende Bewerbungsschreiben versandt worden seien, klar bewiesen: "Die angeschriebenen Unternehmen luden deutsche Bewerber überwiegend zum Vorstellungsgespräch ein, die türkischen hingegen nicht."

Arbeitslosigkeit

Bade äußerte die Befürchtung, dass bei einem Versagen der geplanten Maßnahmen gegen höhere Arbeitslosigkeit "die soziale Spannungen steigen und sich in spontanen individuellen Gewalthandlungen entladen". Mit Flächenbränden wie in Frankreich und zuletzt in Griechenland sei aber in Deutschland bis auf weiteres nicht zu rechen.

Gering Qualifizierte hätten in der Wissensgesellschaft zunehmend weniger Chancen. "In Zeiten der Krise sind die Ränder der Gesellschaft, an denen sich die Unqualifizierten sammeln, am stärksten gefährdet", stellte der Migrationsforscher fest. "Dort können die sozialen Spannungen weiter wachsen." In der Einwandererbevölkerung finde man unzureichend qualifizierte soziale Verlierer, die der Gesellschaft allein die Schuld an ihrem Schicksal zuweisen würden. In der Mehrheitsbevölkerung wiederum gebe es Verlierer, die die Einwanderer zu Sündenböcken für eigenes Versagen machten. (APA/AP)