Berlin - Krebsforscher des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin (MDC) Berlin und der Charité haben ein Gen identifiziert, mit dem sie erstmals bei Dickdarmkrebs mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit vorhersagen können, ob der Tumor zur Metastasenbildung neigt. Wie die Wissenschafter um Ulrike Stein zeigen konnten, fördert MACC1 (Metastasis-Associated in Colon Cancer 1) nicht nur das Krebswachstum sondern auch die Metastasenbildung.

Die Wissenschafter stellten fest, dass Patienten mit Dickdarmkrebs eine günstigere Lebenserwartung haben, wenn die Aktivität von MACC1 niedrig ist, als Dickdarmkrebspatienten mit hohen MACC1-Werten. Die Arbeit wurde vor kurzem in "Nature Medicine" veröffentlicht.

Darmkrebs ist eine der häufigsten bösartigen Tumorerkrankungen in den westlichen Ländern. Trotz Operation, Chemo- und Strahlentherapie wird nur etwa die Hälfte der betroffenen Patienten geheilt. Das liegt daran, dass bei etwa 20 Prozent der Darmkrebspatienten bereits bei der Diagnose Metastasen festgestellt werden und bei etwa einem weiteren Drittel der Patienten Metastasen trotz erfolgreicher Ersttherapie auftreten.

Es wäre deshalb wichtig, die Patienten frühzeitig zu erkennen, die ein hohes Risiko haben, lebensbedrohliche Tochtergeschwülste in Leber und Lunge zu bekommen. Ziel ist, sie dann intensiver zu behandeln und nachzubeobachten, als Patienten mit weniger aggressiven Tumoren.

Signalpfad

Das jetzt auf Chromosom 7 entdeckte Gen MACC1 kann helfen, diese Ungewissheit einzugrenzen. MACC1 schaltet einen Signalpfad in der Zelle an, der für das Krebswachstum und insbesondere für die Absiedlung von Tumorzellen entscheidend ist. Wissenschafter nennen ihn kurz HGF/Met-Signalpfad. Aktiviert MACC1 diesen Mechanismus, können die Krebszellen stärker wachsen, sich aus ihrem Zellverband lösen und sich als Tochtergeschwülste in weit vom Ursprungstumor entfernten Organen ansiedeln.

Vergleich

Dem Gen auf die Spur kamen die Wissenschaftler des MDC und der Charité durch den Vergleich von gesundem Gewebe mit Gewebeproben von 103 Darmkrebspatienten im Alter zwischen 20 und 88 Jahren. Von diesen Krebspatienten waren 60 zur Zeit ihrer Operation frei von Metastasen. Von ihnen waren noch 37 Patienten fünf Jahre nach Operation und Therapie metastasenfrei. Sie hatten bei der Erstdiagnose niedrige MACC 1-Werte in den Darmtumoren.

Hingegen hatten 23 Patienten nach fünf Jahren Metastasen bekommen. Bei ihnen hatten die Forscher zuvor hohe MACC 1-Werte in den Tumorgewebeproben nachgewiesen. Jetzt wollen die Wissenschaftler von MDC und Charité mit ihren Kollegen prüfen, ob das Gen MACC1 auch bei anderen Tumoren, wie z. B. Lungen-, Brust- und Magenkrebs, eine genauere Vorhersage über den Verlauf einer Krebserkrankung erlaubt. (APA)