Washington - Wissenschaftern in den USA ist offenbar ein Durchbruch bei der Suche nach den Ursachen und nach Behandlungsmöglichkeiten für Alzheimer gelungen. Die Forscher des Instituts für Medizin der Northwestern University in Chicago fanden heraus, dass eine zu geringe Durchblutung des Gehirns die wesentliche Ursache für Alzheimer sein könnte, wie sie in der jüngsten Ausgabe der US-Fachzeitschrift "Neuron" erläutern.

Durch eine gezielte Verbesserung der Durchblutung sowie durch das Blockieren entscheidender Proteine könnte die Krankheit demnach behandelt oder ganz verhindert werden. Bisher war bekannt, welche Mechanismen zu Alzheimer führen, nicht aber, welche genaue Ursache dahinter steckt.

Zu viele Proteine

Laut den Forschern um Studienleiter Robert Vassar setzt eine unzureichende Zufuhr von Glukose, die mit dem Blut transportiert wird, eine biochemische Kettenreaktion in Gang. Dadurch kommt es zu einer Anhäufung von Proteinen, welche die Nerven angreifen. Die gezielte Verbesserung der Durchblutung des Gehirns - durch Sport, die Verringerung der Cholesterinzufuhr und die Behandlung von Bluthochdruck - könnte dabei helfen, dem Gehirn mehr Sauerstoff und Glucose zuzuführen.

Nervenzellen

In ihren Experimenten an Menschen und Mäusen fanden die Forscher heraus, dass eine geringe Durchblutung das Protein elF2alpha verändert. In seiner abgewandelten Form stößt das Protein verstärkt das Enzym aus, das die Produktion von Amyloid-Beta-Proteinen anregt. Diese Proteine siedeln sich auf Nervenzellen an und behindern deren Fähigkeiten, Botschaften zu senden. Vassar war bereits vor zehn Jahren auf die entscheidende Rolle des Enzyms BACE1 bei der Entstehung von Alzheimer gestoßen. Die Erkenntnisse der neuen Studie könnten den Autoren zufolge bei der Entwicklung eines Medikaments helfen, welches das Protein elF2alpha blockt und somit den biochemischen Entstehungsprozess von Alzheimer behindert.

Die Forscher stellten außerdem die Vermutung auf, dass Alzheimer durch dieselbe Art von Energiemangel entsteht wie ein Hirnschlag. Anstatt abzusterben, reagieren die Gehirnzellen mit einer Verstärkung der Produktion des BACE1-Enzyms, was kurzfristig hilft, aber langfristige Schäden verursacht. "Ein Hirnschlag ist eine Blockade, die in einem akuten, dramatischen Ereignis die Durchblutung verhindert und Zellen absterben lässt", sagte Vassar. Bei Alzheimer hingegen geschehe dasselbe über Jahre hinweg in einem "langsamen, hinterhältigen Prozess". "Es ist so sanft, sie merken es nicht einmal, aber es hat langfristige Auswirkungen, weil es eine chronische Verringerung der Durchblutung auslöst."

Bei Alzheimer sterben schrittweise Nervenzellen im Gehirn ab. Die Krankheit äußert sich in Vergesslichkeit bis hin zur Demenz. Meist tritt Alzheimer bei alten Menschen auf. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) könnte die Zahl der Alzheimer-Kranken von heute 24 Millionen weltweit auf 42 Millionen im Jahr 2020 und 81 Millionen im Jahr 2040 steigen. (APA/AFP)