Wien - Wer wissen will, wem Österreichs Parlamentarier abgesehen von Parteien und Wählern noch verpflichtet sind, kann das seit kurzem auch im Internet herausfinden - und die eine oder andere Überraschung erleben: So könnte der Banken- und Agrarkonzern Raiffeisen mit "seinen" Abgeordneten fast schon einen eigenen Parlamentsklub bilden. Eine Partei aller Sozialpartner-Funktionäre hätte 19 Abgeordnete, jene der Gemeindevertreter wäre überhaupt stärkste Fraktion.

Doch der Reihe nach: 8.160 Euro brutto erhalten Österreichs Parlamentarier monatlich vom Staat. Wieviel sie zusätzlich verdienen - etwa weil sie nach wie vor ihrem Zivilberuf nachgehen, oder aber weil sie im Dienst wirtschaftlicher oder politischer Lobbys stehen - ist ein wohl gehütetes Geheimnis. Gehaltstransparenz, wie sie etwa die Antikorruptions-Organisation Transparency International fordert, ist für heimische Volksvertreter kein Thema.

"Lobbyistenliste"

Einziges Zugeständnis an die Forderung nach mehr Offenheit ist die sogenannte "Lobbyistenliste": Seit 1997 müssen die Abgeordneten angeben, von welchen Organisationen sie mehr als 1.142,40 Euro jährlich beziehen. Wie hoch das Gehalt genau ist, bleibt ihr Geheimnis. Und auch die Liste war lange nur beim Parlamentsportier einsehbar - im Internet veröffentlicht wurde sie erst heuer.

Einige Ergebnisse: Von 183 Abgeordneten geben 48 an, keinen Nebenjob zu haben. Sie sind also hauptberuflich Parlamentarier. Ebenso viele beziehen nebenbei Geld von Städten und Gemeinden - etwa weil sie Bürgermeister sind oder als Magistratsbeamte arbeiten. Besonders viele sind es bei der SPÖ (18), dahinter kommen ÖVP (13) und FPÖ (elf). Beim BZÖ sind es vier, bei den Grünen einer. Zwölf Abgeordnete beziehen auch Geld vom Bund - etwa als Beamte oder (wie im Fall von ÖVP-Budgetsprecher Günther Stummvoll und nun auch Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel) in Form einer Politikerpension, die das Parlamentariergehalt indirekt auffettet.

Sozialpartner haben 19 rot-schwarze Mandatare

Das Privatunternehmen mit den meisten Abgeordneten auf seiner Gehaltsliste ist übrigens der mit dem ÖVP-Bauernbund eng verflochtene Raiffeisen-Konzern: Insgesamt vier schwarze Mandatare beziehen Geld von der Agrar- und Bankengruppe. Rechnet man noch Sparkassen-Generalsekretär Michael Ikrath dazu, könnten die Banken-Vertreter im Parlament Klubstatus beantragen.

Ebenfalls einen eigenen Parlamentsklub gründen könnte der ÖGB, der mit sieben roten und einem schwarzen Mandatar im Hohen Haus vertreten ist - darunter u.a. GPA-Chef Wolfgang Katzian und FSG-Frontmann Wilhelm Haberzettl. Inklusive Arbeiter-, Wirtschafts-, Landwirtschafts- und Ärztekammer-Vertretern kommen die Sozialpartner auf 19 rot-schwarze Mandatare. Immerhin 25 Abgeordnete geben an, neben ihrem Mandat noch selbstständige Einkünfte zu haben: Bei der ÖVP 14 (inklusive der sieben Bauern), bei der FPÖ neun, bei Grünen und SPÖ je vier und beim BZÖ einer. Den Parteien kommen die Abgeordneten dagegen billig: Nur sechs Mandatare melden ein Zusatzeinkommen von ihrer Partei. (APA)