Standard: Im Jänner 2010 könnten Sie das Zehn-Jahr-Jubiläum als bisher letzter österreichischer Tourneesieger feiern. Erstrebenswert?

Widhölzl: Ich hoffe nicht, dass es so weit kommt. Ich bin zuversichtlich, dass sie es schon diesmal packen, aber das habe ich in den letzten beiden Jahren auch geglaubt.

Standard: Und dann ist es anders gekommen, weil ...

Widhölzl: ... die Tournee oft eine Fettnpartie ist. Es kommt auf jeden einzelnen Sprung an, wenn vier Weltcupbewerbe zusammengezählt werden. Ein bisserl Aufwind da, ein bisserl Rückenwind dort, es geht plötzlich 15 Meter weiter oder eben kürzer. Gewinnen kann aber trotzdem nur ein ganz Guter. Wie Janne Ahonen im Vorjahr.

Standard: Und wie Sie 1999/2000.

Widhölzl: Schon, aber selten gewinnt der Favorit. Ich war damals auch eher Außenseiter, alle haben auf Martin Schmitt gewettet, aber ich habe einen Lauf gehabt, überhaupt nach meinem Sieg in Garmisch. Dieses Springen war für mich immer eine Zitterpartie. In Oberstdorf war ich bei schlechten Verhältnissen Dritter, das war schon ein Fingerzeig.

Standard: Wie geht es diesmal aus?

Widhölzl: Simon Ammann ist ein heißer Tipp. Er ist lange dabei, ist abgeklärt. Gregor Schlierenzauer und Wolfgang Loitzl sind gut beisammen. Aber oft steht man sich gerade bei der Tournee selbst im Weg. Es kann auch einer gewinnen, an den wir jetzt nicht denken.
Standard: Sie haben im Frühjahr aufgehört. Was geht Ihnen nicht ab?

Widhölzl: Die Trainiererei, die Abnehmerei, das Herumtüfteln am Material. Das Springen selbst hat mir immer Spaß gemacht, aber nach 15 Jahren war es an der Zeit, etwas anderes zu machen.

Standard: Was genau?

Widhölzl: Ich habe die Studienberechtigungsprüfung gemacht, Trainerkurse belegt. Jetzt mache ich ein Kolleg für Sozialpädagogik. Ich bin also Schüler, ich habe eine Firma, und ich habe drei Kinder. Das alles ist stressiger als der Sport.

Standard: Sie springen nicht mehr?

Widhölzl: Ich bin für das Skifliegen am Kulm eine Woche nach der Tournee als Vorflieger angemeldet. Aber ich habe keine Zeit fürs Training. Ich bin ein wilder Hund, aber so wild, dass ich ohne Training fliege, bin ich auch wieder nicht. (Mit Andreas Widhölzl sprach Sigi Lützow - DER STANDARD PRINTAUSGABE 29.12. 2008)