Warschau - Der ehemalige polnische Innenminister General Czeslaw Kiszczak hat sich dafür entschuldigt, dass vom Geheimdienst im kommunistischen Polen (SB) abgehörte Personen in den zugehörigen Akten als Informanten bzw. Agenten geführt wurden. Vielen Personen sei nach der unkritischen Veröffentlichung des operativen Materials des SB Schaden zugefügt worden, erklärte Kiszczak am Montag in einer Pressemitteilung. Die Erklärung wirft ein neues Licht auf die Vergangenheitsaufarbeitung in Polen, da die Unterlagen des SB nun an Glaubwürdigkeit verlieren.

Kiszczak habe die entsprechende Direktive im Jänner 1982, kurz nach der Verhängung des Kriegszustandes in Polen, erlassen. Damals habe für das Regime die Gefahr bestanden, dass die Gewerkschaftsbewegung "Solidarnosc" auch innerhalb der Sicherheitsdienste Anhänger gewinne, erklärte Kiszczak.

Unverlässliche Dokumente

Tatsächlich sind die Dokumente des Geheimdienstes die wichtigste Grundlage für die Beschuldigung von Personen als ehemalige Agenten. Prominentestes Beispiel ist Ex-Präsident Lech Walesa, der sich hinter dem vom SB geführten Agenten "Bolek" verbergen soll.

Der ehemalige Ombudsmann für Vergangenheitsbewältigung beim Obersten Gerichtshof für Menschenrechte, Wlodzimierz Olszewski, forderte jetzt die Überprüfung aller Publikationen über vermeintliche Geheimdienst-Agenten im kommunistischen Polen. Dies ergebe sich aus der Erklärung von Czeslaw Kiszczak, sagte Olszewski der Tageszeitung "Gazeta Wyborcza". Damit sprach Olszewski insbesondere die Veröffentlichungen des "Instituts für das nationale Gedächtnis" (IPN) an, welches die SB-Dokumente verwaltet. (APAred)