Nach den ersten Staffeln "Germany's next Topmodel" im deutschen Privatfernsehen haben nun auch NichtbesitzerInnen eines Kabelanschlusses oder einer Satellitenschüssel das zweifelhafte Vergnügen, junge Mädchen auf dem Weg zur "internationalen Modelkarriere" zu begleiten. Die deutsche Castingshow wird mit adaptiertem Titel ab Jänner auf Puls 4 zu sehen sein, mit einer Jury im Gepäck, die sich ebenso wie im Original aus Menschen der Model- und Modewelt und einem "Topmodel" zusammensetzt.
Nach der allgemeinen Castingshow-Schablone wird - wie auch in der Show für angehende Supermodels - eine Gruppe von meist sehr jungen Leuten unter Tränen, Umarmungen und Beteuerungen "alles gegeben zu haben" immer weiter ausgesiebt. Neben den ehrgeizigen Bemühungen der KandidatInnen werden innerhalb von Tagen Freundschaften geschlossen, deren Zerbrechen oder Wachsen frau als Zuckerl neben dem eigentlichen Vorhaben der Shows zusätzlich zu sehen bekommt - was eine Mischung aus "Big Brother" und "Die große Chance" ergibt.
Neue Stars?
Können, Talent, Durchhaltevermögen, üben-üben-üben und schließlich vorführen, was die KandidatInnen in den Wochen der Show dazulernen - all das bringt die potentiellen neuen Stars scheinbar in die nächste Runde der Castingshows. Tatsächlich hat das Zutun der KandidatInnen selbst sehr wenig Einfluss auf ihren Erfolg. Zufall, Willkür oder das, wonach der Markt oder die Quote gerade verlangt sind mächtigere Parameter, denen die jungen Hoffnungsvollen ohnmächtig unterliegen.
So richtig penetrant wird diese Willkür, mit der die KandidatInnen in die nächste Runde geschickt werden, aber erst bei den "Nachwuchsmodels". Hier läuft es nicht mehr so, wie bei den Misswahlen, ein paar mal auf und ab laufen - mal im Badeanzug, mal im Abendkleid - die ist es, danke und auf Wiederschauen. Bei der Modelcastingshow heißt es vielmehr: Frau muss Schönsein leisten.
"Es reicht nicht, einfach nur schön zu sein" - Ließen "ExpertInnen" bei "Germany's next Topmodel" regelmäßig los. Stimmt, es reicht nicht ganz. Die jungen Frauen müssen "flexibel sein", also sich in den unmöglichsten Situationen nicht anmerken lassen, dass ihnen die Übelkeit hochsteigt. Egal, ob sie sich nackt mit Bodypaintings versehen, knieend nach vorne gebeugt fotografieren lassen - der nackte Hintern jedem ersichtlich - oder, ob sie vor einer grölenden Männerhorde im Bikini auf und ab wackeln müssen - der Ekel war den Kandidatinnen in der deutschen Ausgabe der Show oft ins Gesicht geschrieben.
Schönsein muss frau können
Frau ist nicht einfach schön, sondern muss schön sein können, oder anders gesagt: Schön sein wird als Leistung verpackt, und diese liegt in den Händen der Kandidatinnen - so lautet der ideologische Überbau.
Tatsächlich werden aber junge Frauen gesucht, die wie ein weißes Blatt Papier funktionieren: es muss möglich sein, sie für unterschiedlichsten Situationen "passend zu machen", das Gesicht muss gut schminkbar und leicht veränderbar sein, dem Körper muss alles passen, und nerven sollen sie schon gar nicht. Dennoch ist man sich nicht zu blöd, im Fernsehen nach "Willen", "Kompetenz" oder "Leistung" zu verlangen.
Entwürdigend sind somit nicht nur die zu erledigenden Aufgaben - mit aufgeklebten Eiern an den Fersen vor der Jury auf und ab gehen - sondern die vorgeführte Machtlosigkeit. Auch wenn uns Modefuzzis versichern, dass das Äußere nicht alles sei: Darum geht es und nur darum. Wäre es anders, würden derartige Karrieren nicht mit vierzehn beginnen und mit Dreißig enden.
Die Frage, wer aktuell die Schönste ist, ist sicher keine Neue. Der Selbstermächtigungsdiskurs in diesem Zusammenhang ist aber nur schwer erträglich und ein kläglicher Versuch, dem blanken Sexismus ein Mäntelchen überzuwerfen. (beaha, dieStandard.at, 29.12.2008)