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Eulex made in Serbia: Im Kosovo sind viele der Meinung, die EU-Mission wäre im Interesse Belgrads.

Foto: REUTERS/Hazir Reka (KOSOVO)
Grafik: DER STANDARD

Prishtina/Wien - Ahtisaari oder Solana hatten keine Chance. In der kosovarischen Hauptstadt Prishtina soll eine Straße - dem Vernehmen nach der zentrale Boulevard, der bislang „Mutter Teresa" hieß - nach dem scheidenden US-Präsidenten George W. Bush benannt werden. Aus Dankbarkeit, so die Regierung. Die USA sind für die Kosovo-Albaner mehr denn je die Schutzmacht Nummer eins, haben sie doch die Unabhängigkeit durchgesetzt. Die Europäer hingegen verlieren an Glaubwürdigkeit.

„Die Albaner vertrauen der EU nicht mehr wirklich, nur mehr den USA", sagt der Kosovo-Experte Predrag Jurekovic vom Institut für Friedenssicherung und Konfliktmanagement der Landesverteidigungsakademie in Wien. „Es besteht die Gefahr, dass man die Aufbruchsstimmung nach der Unabhängigkeit verspielt und der Kosovo in ein neues Vakuum gerät."

Institutionelles Chaos

Das Misstrauen gegenüber der EU ist nicht nur an den Graffiti an den Häuserwänden abzulesen, auch die kosovo-albanischen Politiker sind über die „unkoordinierte internationale Präsenz", „irritiert", so Jurekovic. Entstanden ist diese durch den Versuch, die Zustimmung Serbiens für die EU-Mission einzuholen. Die Zustimmung ist nun da, aber mit den Sonderregelungen auch das institutionelle Chaos. Während Eulex-Chef, Yves de Kermabon behauptet, dass die Polizei-und Justizmission die UN-Mission Unmik abgelöst habe, pocht Belgrad darauf, dass die UNO in den Serben-Gebieten bleibt. Die Kosovo-Serben interpretieren den mit der UNO ausgehandelten Sechs-Punkte-Plan sogar so, dass sie die Zolleinnahmen im Norden selbst behalten dürfen. Für die Albaner ist das so, als würde Serbien in ihren neuen Staat hineinregieren. Wegen der Zugeständnisse an Belgrad, sehen viele die Eulex als proserbisch an.

Zurück Richtung Unmik

Der Kosovo hat noch keine gesicherten Grenzen. Nicht einmal die Zollstationen im Norden, wurden - seit sie im Frühjahr angegriffen wurden - wieder in Betrieb genommen. Die gegenwärtige Situation könne man sogar als Rückschritt in Richtung Unmik bewerten, meint Jurekovic. Schon ist das böse Wort „Eumik" im Umlauf. Die höchst unbeliebte Unmik galt als größte Entwicklungsbremse.

Und die Eulex pendelt nun als Uno-Anhängsel zwischen dem Versuch, eine gemeinsame Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) zu gestalten und jenen Staaten, die für oder gegen die Unabhängigkeit eintreten, herum. Belgrad wie Prishtina setzen den diplomatischen Machtkampf fort. Das Land kommt dabei nur mühsam voran.

Investoren

Auch die Eulex-Beamten haben monatelang, bis November auf eine Einigung im UN-Sicherheitsrat gewartet, um ihre Arbeit beginnen zu können. Nun haben sie zwar ein Mandat, aber ihr Aufgaben sind unklar. Zweifelhaft ist etwa welche Rechtsbestände die Eulex in den Serben-Gemeinden unterstützen soll: die alten Unmik-Regeln oder die neuen Kosovo-Gesetze? „Die EU ist Serbien zu weit entgegen gegangen", meint Jurekovic. „Man weicht im Staatsbildungsprozess zu sehr von dem ab, was geplant war."

Investoren sollen sich bereits wieder zurückgezogen haben, nationalistische Gruppen und islamistische Fanatiker zunehmen. Auch Pieter Feith, der Internationale Beauftragte (ICR), in seiner zweiten Funktion auch EU-Sonderbeauftragter (EUSR), ist in der Defensive. Schon wird gemunkelt, dass er aufgeben will. Feith muss zerrissen sein. Als ICR unterstützt er die Unabhängigkeit und den Ahtisaari-Plan, als EUSR darf er das eigentlich nicht, denn EU-Staaten wie Spanien oder die Slowakei haben den Kosovo nie anerkannt.

Bis Ende 2009 soll es einen Plan geben, wie der Kosovo an die EU herangeführt werden soll. Trotz der bisher größten EU- und OSZE-Mission droht er zum Schlusslicht zu werden. Wenn etwa die Schengen-Visa (Ende 2009 oder Anfang 2010) für die Westbalkanstaaten endlich fallen sollen, so wird der Kosovo ausgenommen sein. (Adelheid Wölfl, DER STANDARD, Printausgabe, 30.12.2008)