Kairo/Beirut/Teheran/Wien - Im Krieg um Gaza hat sich eine propagandistische Nebenfront geöffnet. Die ägyptische Regierung - deren Außenminister Ahmed Aboul Gheit zwei Tag vor Beginn der israelischen Offensive Hand in Hand mit seiner israelischen Amtskollegin Zipi Livni fotografiert worden war - ist zum Feindbild der Demonstranten in der arabischen und islamischen Welt geworden. Vor allem mobilisiert die libanesische Hisbollah gegen den angeblichen "Komplizen" Israels. Jetzt schlägt Kairo verbal zurück, und auch der Hisbollah-Sponsor Teheran kriegt dabei sein Fett ab.

Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah hatte die Ägypter dazu aufgerufen, ihre Regierung durch Demonstrationen dazu zu zwingen, die Grenze zum Gazastreifen zu öffnen, sonst werde sie "Partner beim Mord" an den Palästinensern. Aboul Gheit antwortete zuerst, dass Nasrallah "fremden Interessen zuliebe" - eine Anspielung auf Iran - Chaos in der Region zu säen versuche. Am Dienstag ging er daran, den Eindruck zurechtzurücken, dass Iran der Anwalt der Palästinenser schlechthin sei.

Der geistliche Führer Ali Khamenei hatte die Araber wegen ihrer Untätigkeit kritisiert: "Als ob hunderttausende Iraner in den vergangenen 30 Jahren ihr Blut (für die Palästinenser) vergossen hätten" , replizierte Aboul Gheit - eine Erinnerung an die Rolle des ägyptischen Militärs, das Israel in vier Kriegen von 1948 bis 1973 bekämpfte und zehntausende Soldaten verlor.

1979, im Jahr der Islamischen Revolution im Iran, schloss Ägypten seinen Friedensvertrag mit Israel. Der geflüchtete, israelfreundliche Schah fand in Kairo Zuflucht, und nach der Ermordung von Ägyptens Präsident Anwar al-Sadat 1981 wurde in Teheran eine Straße nach dessen Mörder Khaled Islambuli benannt.

Sah es gerade zu Beginn des Jahres 2008 so aus, als ob sich die Beziehungen zwischen Kairo und Teheran verbessern würden, so ist jetzt wieder Eiszeit. Die Hoffnungen auf eine Begleiterscheinung einer Annäherung - eine Pragmatisierung Teherans, das die Unterstützung für radikale Gruppen mäßigen würde - sind dahin.

Aboul Gheit beschuldigte in seiner Attacke nun die Hisbollah ganz offen, "2006 den Libanon zerstört" zu haben: eine offensichtliche Parallele zur Hamas, die - wie die Hisbollah damals - die israelischen Angriffe provozierte. So etwas sagen arabische Minister sonst nur hinter vorgehaltener Hand. (DER STANDARD, Printausgabe, 31.12.2008/1.1.2009)