Jeweils montags und donnerstags eine Stadtgeschichte
von Thomas Rottenberg

Foto: Thomas Rottenberg

Es war Gestern. Da rief die Chefin an und meint, das Jahr brauche auch hier einen würdigen Abschluss. Irgendwas Rückblickendes. Und zwar so ein Rückspiegel-Trum, das auch ein bisserl Perspektive in sich birgt. Und damit einen Bogen spannt: Dass das neue Jahr nämlich so ziemlich genau so sein wird, wie das alte - obwohl man so tut, als wäre das anders. Und obwohl man sich - und dem Rest der Welt - doch so schön vorschreibt, was anders zu werden hat. Oder was man zu tun hat, damit alles anders wird.

Rückblickendes mit Prognosequalität, meinte die Chefin, sei da genau richtig. Weil... und so weiter.

Natürlich hatte ich keine Ahnung, was ich da schreiben soll. Weil ich an die Neujahrsänderungsvorsätze genauso wenig glaube, wie meine Chefin. Aber wenn sich alle Welt mit Jahresabschlüssen und Prognosen herumschlägt, waren mein Chefin und ich uns einig, dann muss da doch was dran sein. Oder es muss zumindest ein größeres, öffentliches Interesse geben. Mir würde, klopfte mir die Chefin akustisch aufmunternd auf die Schulter, da schon was einfallen.

Meine Chefin ist Optimistin. Als Vorgesetzte kann sie sich das leisten: Auch in der Sowjetunion war schließlich die Erfüllung der Fünfjahrespläne dann immer ein Problem, das die Führung dem Fußvolk großmütig und großherzig überließ. Egal: Sudern und wehklagen ist in solchen Fällen zwecklos. Weil das kein Problem löst.

Probleme aber löst mein Hund. Der zog mich heute früh beim Ausleeren nämlich zu seiner Lieblingswand. Und auf der stand etwas, was das ganze Jahr über auf ihr gestanden hatte. Etwas, was in die Zukunft wies. Etwas was sicher nicht funktioniert. Unter anderem, weil einer der Gründe für das Scheitern - auch - schon in der Verkündigung zu finden ist.

Ich zog mein Iphone und schoss ein Foto: Mission erfüllt.

Die Chefin, wusste ich, würde zufrieden sein.

(Thomas Rottenberg/derStandard.at, 31. Dezember 2008)