Santiago de Cuba- Revolution in der Revolution: Die kubanische Regierung will den Bürgern des Inselstaates künftig den privaten Hausbau erlauben. Auf diese Weise könnten binnen kurzer Zeit Hunderttausende Wohnungen entstehen, sagte Präsident Raul Castro am Sonntag. Die Neuregelung reiht sich in Liberalisierungsmaßnahmen ein, die der im Februar 2007 zum Nachfolger seines Bruders Fidel gewählte Staatschef getroffen hat.

Die Kubaner sollten konkrete Anweisungen über die erlaubte Größe ihrer Wohnhäuser erhalten, sagte der 77-jährige Raul Castro im Fernsehen. Sie sollten dazu künftig privates Geld einsetzen. Castro äußerte sich im Anschluss an einen Rundgang durch das neue Viertel La Risuena in der südöstlichen Stadt Santiago de Cuba, wo mit Hilfe Venezuelas eine neue Siedlung von kleinen Häusern aus Erdölderivaten ("Petrocasas") entsteht.

Wohnungsnot

Der Wohnungsbau war in Kuba in den Jahren nach der Revolution vom Jänner 1959 vor allem Regierungssache. Die Nachfrage übersteigt jedoch bei weitem das Angebot, in dem Inselstaat herrscht akute Wohnungsnot. Derzeit schafft Kuba nur die Hälfte seines selbstgesteckten Ziels von 100.000 neuen Wohnungen pro Jahr. Die Wohnungskrise wurde durch drei Hurrikane im vergangenen Jahr verschärft, die rund eine halbe Million Wohnungen zerstörten und Schäden in der Höhe von umgerechnet mehr als sieben Milliarden Euro anrichteten. Raul Castro zufolge wird es zwischen drei und sechs Jahren dauern, bis sich Kuba von der Katastrophe erholt.

Castro hatte nach seiner Wahl zum Staatspräsidenten als Nachfolger seines fünf Jahre älteren Bruders Reformen angekündigt, die das Land aus der Mangelwirtschaft führen sollen. Als ersten Schritt schaffte er im Frühjahr Verkaufsverbote für Computer, Fernseher und andere Elektrogeräte ab. Auch Mobiltelefone sind für normale Kubaner jetzt zugänglich - vorausgesetzt, sie können sie sich leisten. Die kubanische Regierung kündigte überdies die Abschaffung des Einheitslohns an: Löhne nach Leistung sollen die Produktivität erhöhen.

Im Agrarsektor sollen Reformen dazu beitragen, das Nahrungsmittelangebot zu erweitern. Die Regierung will Landwirtschaftskooperativen mit Krediten unter die Arme greifen und so die Versorgungslage der Bevölkerung verbessern. Der sozialistische Inselstaat Kuba führt trotz Devisenknappheit einen großen Teil der Lebensmittel ein.

Die Reform der doppelten Währung - reguläre Pesos einerseits und die an den Dollar gebundene Parallelwährung Peso Convertible andererseits - steht noch aus. Fast alles, was über den Minimalbedarf an Lebensmitteln und Kleidung hinausgeht, muss derzeit in den staatlichen Geschäften, auf den privaten Bauernmärkten oder auf dem Schwarzmarkt mit Konvertiblen Pesos bezahlt werden. Die Parallelwährung ist für viele einfache Kubaner praktisch nicht zugänglich, was bei den Betroffenen Gefühle der Schlechterbehandlung hervorruft. (APA)