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Die meisten alten Menschen wollen daheim betreut werden. Wie gut es ihnen dabei geht, ist von außen oft schwer zu eruieren.

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Jeden Euro zielgerecht einsetzen: Gerald Bachinger.

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Wien - Wer alt oder bedürftig ist und rund um die Uhr von den eigenen Verwandten oder eigens dafür engagierten Pflegern betreut wird, kann dafür seit November 2008 mehr Geld aus der neuen Förderung für die sogenannte 24-Stunden-Pflege beziehen: Ein, laut dem Sprecher der österreichischen Patientenanwälte, Gerald Bachinger, "wichtiger Schritt" für alle Betroffenen, der jedoch durch "weitere Schritte zur Qualitätssicherung" ergänzt werden müsse.

Zwar müssen seit Jahresbeginn 2009 auch alle Privatpersonen, die Pflegebedürftige rund um die Uhr zu Hause pflegen, eine Qualifikation aufweisen, die der einer Heimhelferin gleichkommt - wenn sie dafür öffentliche Gelder beziehen. Qualifizierungsmaßnahmen wie diese seien aber nicht genug, meint Bachinger im Gespräch mit dem Standard. Auch auf anderen Wegen müsse überprüft werden, ob das öffentliche Geld zweckgemäß eingesetzt werde. Etwa durch Besuche von "Gemeindekrankenschwestern" , die verstärkt eingestellt werden sollten: "Die Evaluation soll vor Ort, also auf lokaler und regionaler Ebene, stattfinden."

Über der privat organisierten Pflege und jener im Familienverband liege in vielen Fällen "ein Schleier der Ungewissheit" , begründet Bachinger seinen Vorstoß: "Da dringt oft überhaupt nichts hinaus. Das macht die Evaluation, ob es mit der Pflege wirklich passt, problematisch bis unmöglich." Dabei stehe das "System Familie" gerade in Zeiten der Rund-um-die-Uhr-Pflege eines Angehörigen unter großem Stress. Verpflichtungen und Loyalitäten, althergebrachte Zu- und Abneigungen erschwerten das Sprechen über Betreuungsprobleme - beim Betreuten ebenso wie bei seinen Helfern: "Deshalb hielte ich es für durchaus zulässig, die Förderung der 24-Stunden-Pflege mit Kontrollen zu verbinden."

Neben der Hilfe für Betreute und Betreuer geht es Bachinger aber auch um "die Frage des Umgangs mit den Gesundheitsbudgets" . In wirtschaftlich angespannten Zeiten, wie sie für das kommende Jahr vorausgesagt werden, sei zu erwarten, "dass die Kontroversen um die Finanzierbarkeit der Sozialbudgets zunehmen. Zumal die Zahl Pflegebedürftiger in den kommenden Jahren stark im Steigen begriffen sein werde: "Die öffentliche Hand wird ein immer weiter zunehmendes Interesse daran haben, sicherzustellen, dass jeder Euro zielgerecht eingesetzt wird."

"Kein Diskussionsbedarf"

Für überhaupt keine gute Idee hält man Bachingers Vorschlag beim Wiener Zentrum für selbstbestimmtes Leben, Bizeps. Es bestehe "keinerlei Diskussionsbedarf" in Richtung Kontrollen bei der geförderten 24-Stunden-Pflege, heißt es dort unter Hinweis auf die "ohnehin bereits bestehenden Kontrollen im Rahmen des Pflegegeldgesetzes" .

Tatsächlich wurden in den Jahren 2007 und 2008 rund 20.000 Pflegegeldbezieher laut Pflegegeldgesetz auf den zweckgemäßen Einsatz der an sie ausgezahlten Summen überprüft. Doch Bachinger will dezidiert auch das Rund-um-die-Uhr-Betreuungsmodell mit in die Evaluation nehmen.

Bei der Finanzierung von Pflege dürfe es überhaupt keine "Diskussionstabus" geben, ergänzt er: "Zum Beispiel sollte man mittelfristig auch über Sachleistungen anstatt von Geldzuwendungen nachdenken. Sowie über Wege, um Pflegeversicherungen für mehr Menschen als derzeit attraktiver zu machen."(Irene Brickner/DER STANDARD Printausgabe, 7. Jänner 2009)